Antwort an Klaus von der Stattzeitung

Klaus Schramm von der Stattzeitung schrieb uns eine Kritik an unserem Text "Krieg dem deutschen Frieden", auf der Homepage der Stattzeitung nachzulesen. Hier findet sich hingegen unsere Antwort.

Hallo lieber Kritiker,

vielen Dank für Deine Reaktion auf unseren Text. Wir freuen uns immer wenn sich jemand mit unseren Veröffentlichungen auseinandersetzt und steigen gerne in eine Diskussion ein. Wie es bei einer basisdemokratischen Gruppe üblich ist, dauern auch bei uns die Antworten seine Zeit, deshalb bitten wir um Nachsicht.

Nun zum Inhaltlichen: Wir gehen, wie wohl die ganze Welt, von der Unabwendbarkeit eines Irak-Krieges aus und empfinden es deshalb als sehr gewagte Aussage, wenn Du schreibst, dass es zu keinem Krieg gegen den Irak kommen wird. Also wir würden auf das Gegenteil wetten. Vielleicht um einen Bio-Roquefort?

Zur These 1:

Das die Europäisierung des Militärs leider nicht nur Geschwätz ist, wird sich wahrscheinlich schon dieses Jahr zeigen, wenn die globalagierende EU-Eingreiftruppe aufgestellt sein wird. Wichtige Schritte in diese Richtung sind bereits unternommen, wie z.B. die multinationalen Brigaden (etwa die dtsch-franz. In Müllheim) Und auch größtenteils realisiert ist schon die Europäisierung der Rüstungsindustrie, die auf Betreiben der angeblich so machtlosen Nationalstaaten, explizit als Konkurrenz zur Rüstungsindustrie der USA, wenn auch noch weit entfernt davon, zur European Aeronautic Defense and Space Company (EADS) zusammen geschlossen wurde. Zur weiteren Analyse der EU-Militärpolitik verweisen wir auf unsere Homepage (www.labandavaga.de), wo sich weitere Texte dazu finden. Die Auseinandersetzungen zwischen der EU und den USA auf anderen Gebieten, die wir ironisch an den Handelskriegen um Roquefort und Bananen festgemacht haben, lassen sich fast beliebig erweitern. Von Differenzen um Hormonfleisch, genetisch veränderte Lebensmittel, Stahlzölle, generelle Agrarsubventionen, das Klimaabkommen von Kyoto, der Menschenrechtsgerichtshof etc. etc. etc. Anhand dieser empirisch belegbaren Interessensgegensätze zwischen der EU und den USA lässt sich auch die These der Globalisierungsgegner widerlegen, Nationalstaaten spielten in der sog. Globalisierung keine Rolle mehr. Mitnichten gibt es "nur noch ein internationales Kapital", schließlich hat selbst der multinationalste Konzern immer noch irgendwo seinen Sitz (und zwar meistens in den Metropolen, wo der starke Staat die notwendige Sicherheit gewähren kann) und seine Fabriken, schließlich gibt es auch zwischen "Multis" Konkurrenz und auch Biolandbetriebe sind kapitalistische Betriebe, in denen es nur um Mehrwert und sonst nichts geht. Das Geschwätz von den Regierungen als Agenturen und Vasallen (wahlweise des nationalen oder "globalen" Kapitals) ignoriert, dass der Staat wie seit eh und je notwendig ist, um die "allgemeinen Geschäftsbedingungen" des Kapitalismus bereit zu stellen. Dazu gehört die Sicherung von Privateigentum oder das allgemein anerkannte Rechtsverhältnis etc. genauso wie die notwendige Reproduktion des "freien Arbeiters", was der Staat ggf. auch gegen Angriffe einzelner Kapitalisten zu verteidigen hat. Die Verschiebung zu einem immer globaleren Agieren der Wirtschaft hat eher die Folge, dass sich die Konkurrenz zwischen den Staaten teilweise zu einer Konkurrenz der Standorte transformiert. Gerade in Zeiten allgemeiner wirtschaftlicher Krise verstärken sich nationalistische Tendenzen und die Konkurrenz zwischen den Standorten. Und besonders im neokorporatistisch organisierten Postfaschismus in Deutschland ist die These vom "Absterben der Nationalstaaten" reine Ideologie und zeigt nur, dass Sozialdemokraten wie attac mit ihren etatistischen Forderungen von der Totalität kapitalistischer Vergesellschaftung nichts verstanden haben und deshalb alles Übel in der, scheinbar "staatsfreien" Zirkulationssphäre suchen müssen.

Zu These 2:

Allerdings, jedes Freund-Feind-Schema ist blöd, jedoch ist gerade die Friedensbewegung anfällig dafür, wie all die Solidarisierungen mit dem Irak zeigen: der Feind meines Feindes ist mein Freund? Nebenbei sei noch darauf hingewiesen, dass wir bei der Beschreibung des permanenten Kriegszustandes im Irak nicht vom Embargo, sondern vom Terror des Regimes gegen die eigene Bevölkerung gesprochen haben. Aber auch sonst ist die Friedensbewegung "blöd", auch unabhängig von der Begeisterung für die neue "Speerspitze der Bewegung" (so Bütikofer über die Grünen). Zu auffällig ist der Aufschrei, sobald die USA Krieg führen wollen, während doch die Bewegung zu Zeiten der Bombardierung der Bundesrepublik Jugoslawien marginal war. Heute kritisieren alle, wie sehr die US-Gesellschaft auf den Krieg eingepeitscht wird, aber wie sehr haben all diese "Kritiker" und Friedensfreunde zum Krieg gegen jenen neugefundenen "Hitler" in Belgrad gehetzt und damit immerhin den ersten deutschen Angriffskrieg seit 1945 ermöglicht. Damit stehen all jene objektiv für die Militärisierung der deutschen Politik und für ein immer aggressiveres Vertreten der deutschen Interessen.

An der Parole "Der Hauptfeind steht im eigenen Land" halten wir auch weiterhin fest, denn, trotz aller Krise ist die Konkurrenz zwischen den Staaten, mit aller begleitenden Ideologie, eine der herausragenden Stärken des Kapitalismus. Denn so wird es leicht, alles schlechte auf "die böse USA" zu projizieren und die (als Alternative vorgestellte) Politik Europas zu affirmieren. Natürlich kann das falsche Bestehende nur international abgeschafft werden, solange aber keine weltweite revolutionäre Bewegung in Sicht ist, ist der Hauptfeind notwendig im eigenen Land.

Mit rätekommunistisch/anarchistischen Grüßen
La Banda Vaga