2012

Streik beim Verpackungs- Hersteller Neupack in Hamburg

17.12.2012

Seit dem 1. November streiken nun schon die rund 200 ArbeiterInnen des Verpackungshersteller Neupack in Hamburg-Stellingen. Sie kämpfen für die Einführung eines Tarifvertrags, in dem gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, eine einheitliche Regelung für Urlaub und Zuschläge sowie die Einführung von Mindestlöhnen geregelt sind. Am vergangenen Montag wurden die Tarifverhandlung mit den VertreterInnen der Unternehmensseite abgebrochen, da diese weiterhin jegliche gewerkschaftliche Vertretung ablehnt und keinen Tarifvertrag abschließen will. Das Unternehmen bietet dagegen eine betriebsinterne Regelung, die eine 38-Stunden Woche im Schichtbetrieb bei vollem Lohnausgleich, einen Mindestlohn von 8,50€ und eine Erhöhung der Zuschläge, des Urlaubsgeldes und der Urlaubstage bietet. Jedoch soll es keinen verlässlichen gewerkschaftlichen Tarifvertrag geben. Durch Streikbrecher soll der Firmenbetrieb aufrechterhalten werden und der Streik der Belegschaft geschwächt werden.\ Deshalb kommt zum Streikzelt nach Stellingen (Doerriesweg 15)\ Streikposten sind rund um die Uhr vor Ort!\ Infos im Internet:Solidaritätskreis und\ Blog der IG BCE

Solikonzert: 15 Jahre La Banda Vaga

26.11.2012

La Banda Vaga wird 15 Jahre alt. Aus diesem Anlass wollen wir euch alle zu unserem Geburtstagskonzert am 14.12.2012 in die KTS einladen! Los gehts ab 21:00 Uhr.

Die Verantwortung für den musikalischen Teil des Abends haben wir an Scheiße die Bullen (Fr), Don Karacho(Rv), Jimmy Satan\'s Shoe Shop (Fr) und unsere After-Show-DJ_anes übertragen.

Aus lauter Vorfreude haben wir für euch schon mal ein Gedicht geschrieben:

Lob der Party\ Der Einzelne hat zwei Augen?\ Die Party hat tausend Augen.?\ Der Einzelne hat seine Stunde, ?\ Aber die Party hat viele Stunden.\ Der Einzelne kann vernichtet werden,\ Aber die Party kann nicht vernichtet werden.\ Denn sie ist der Vortrupp der Massen ?\ Und führt ihren Kampf ?\ Mit den Methoden der Punkrock-Klassiker, welche geschöpft sind ?\ Aus der Kenntnis der Plattenkisten.

Vortrag: CrimethInc. Message in a bottle

23.11.2012

Am Sonntag, den 25. November 18 Uhr, halten Genoss_innen vom \"CrimethInc. Ex-Worker\'s Collective\" (USA) in der KTS Freiburg (Basler Str. 103) einen Vortrag im Rahmen ihrer europaweiten Vortragsreise.

Seit Mitte der 1990er ist CrimethInc. eines der produktivsten und ambitioniertesten anarchistischen Projekte in Nordamerika. Mitwirkende sind für unzählige Touren und Aktionen kreuz und quer über den Kontinent gereist. Sie produzierten Bücher, Zeitungen und weitere Literatur (inklusive 650.000 Exemplare des Grundlagenwerkes „Fighting for our Lives") und berichteten von den Fronten der Gipfelproteste, Riots, Anti-Repressions-Kampagnen und von anderen abenteuerlichen Experimenten.

Ständig umstritten, hat sich CrimethInc. den Zorn der traditionellen Linken und der Behörden verdient während sie die breite Öffentlichkeit stets herausgefordert haben.

In diesem Vortrag werden langjährige Mitwirkende diese Erfahrungen reflektieren, Material aus den verschiedenen Phasen der CrimethInc. Aktivitäten präsentieren und diskutieren wie sich der Kontext in den USA verschoben hat. Dabei wird versucht darzustellen, warum US-Anarchist_innen eine Entwicklung von der subkulturellen Rebellion hin zu einem generellen Aufstand durchzogen haben -- um schließlich Hypothesen aufzustellen, was die Zukunft bringen kann.

Wir freuen uns auf lebhafte Gespräche mit euch.

(Der Vortrag wird auf Englisch gehalten, es wird bei Bedarf eine Übersetzung geben)

Mehr Infos: www.ag-freiburg.org

Protest gegen Schließung des Ford Werk in Genk

11.11.2012

In Köln haben mehrere Hundert MitarbeiterInnen des Ford Werks aus Genk gegen die Schließung ihres Werks protestiert. Die Existenz gefährdet der rund 4300 Ford-ArbeiterInnen und 5000 Beschäftigten, die in der Zulieferindustrie arbeiten, ist gefährdet. Vor etwa fünf Wochen hieß es noch, dass der Standort Genk nicht zur Disposition stehe und ihnen wurde die Fertigung des neuen Ford Mondeo zugestanden. Nun soll die Produktion nach Spanien verlagert werden, um europaweite Einsparungen zu treffen. Am 7.11 wurde die Schließung des Genker Ford Werks in der Kölner Europazentrale in Niehl verhandelt. Die angereisten belgischen MitarbeiterInnen des Werks wollten dagegen protestieren. Das Entfachen eines kleinen Feuers und Zünden von Knallkörpern reichte aus, um einen Großeinsatz der Polizei auszulösen: Die ArbeiterInnen wurden eingekesselt, abfotografiert und Ihre Personalien wurden festgestellt. Außerdem wurden 10 Personen festgenommen. Das ist nicht das erste mal das sich Proteste beim Ford Werk Köln ausserhalb des gewerkschaftlichen Rahmens bewegen. So war dieses Werk z.B eines der Zentren der Welle von \"Wilden Streiks\" 1973. Wilden Streiks Am 11.11. wollen die ArbeiterInnen des Kölner Werks mit dem „Marsch für die Zukunft" Marsch für die Zukunft ihre Solidarität mit den KollegInnen kundtun.

Mit Marx gegen Lenin. Der Rätekommunismus Anton Pannekoeks

18.10.2012

Vortrag am Montag, dem 29.10.2012 um 20 Uhr im Strandcafe, Adlerstr. 12 (Grethergelände) mit Klaus Blees von der Aktion 3. Welt Saar.

Der Niederländer Anton Pannekoek (2.1.1873-28.4.1960), war einer der sozialistischen Theoretiker und Aktivisten, die weder im autoritären Sozialismus sowjetischer Prägung noch in der Sozialdemokratie Verbündete im Kampf gegen den Kapitalismus sahen. Grund genug für verschiedene politische Lager, ihn totzuschweigen. Von Beruf war Pannekoek Astronom, das astro-physikalische Institut der Universität Amsterdam ist nach ihm benannt. Politisch und publizistisch tätig war der Weggefährte Rosa Luxemburgs von Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die 50er Jahre.

Er kritisierte gleichermaßen den westlichen Kapitalismus wie auch den sowjetischen Staatskapitalismus. Aus seiner Sicht war die Befreiung der ArbeiterInnen und der Aufbau einer nichtkapitalistischen Gesellschaft nur durch die ArbeiterInnen selbst möglich. Damit schloss Pannekoek jede Art führerorientierter Organisationsstruktur ebenso aus wie die Delegation des eigenen Denkens und Handelns an Stellvertreter.

Pannekoek skizzierte die Grundlagen und unhintergehbaren Kennzeichen einer nichthierarchischen, konsequent auf Selbstverwaltung ausgerichteten Ordnung in seiner Theorie der ArbeiterInnenräte. Diese Ordnung würde alle Ebenen der Arbeitsorganisation vom Betrieb bis zur Weltgesellschaft umfassen. Übergeordnete gesellschaftliche Strukturen lassen sich nur über ein Delegationssystem verwalten. Jedoch befinden sich diese Delegierten, die Räte, anders als im Parlamentarismus, in permanenter Rückkoppelung an diejenigen, welche sie beauftragt haben und sind strikt an deren Vorgaben gebunden.

Dabei beleuchtete Pannekoek sehr genau auch die Fallstricke und Hindernisse, die der Etablierung dieser neuen, freiheitlichen Ordnung entgegenstehen.

Ebenso untersuchte er, damit in engem Zusammenhang stehend, wie sich Ideen aus den gesellschaftlichen Verhältnissen heraus entwickeln und verändern. Das schloss für ihn auch die Frage nach den Entstehungsbedingungen von Religion, ihrer sozialen Funktion und ihrer Wandlung unter sich ändernden ökonomischen Voraussetzungen ein. In den Fokus seiner Kritik rückten außerdem die oft unhinterfragten und unangetasteten Methoden wissenschaftlicher Erkenntnis. Schließlich widmete er sich dem spezifischen Charakter der Evolution des Menschen als gesellschaftlichem Wesen und den Gründen, die ihn sich aus seiner tierischen Vergangenheit erheben ließen.

Klaus Blees von der Aktion 3. Welt Saar stellt Pannekoeks Theorie der Arbeiterräte vor und geht dabei auch auf andere Aspekte seines Werkes ein, die damit untrennbar verbunden sind. Er knüpft an einen Vortrag an, den er am 25. April 2010 anlässlich des 50. Todestages von Anton Pannekoek im saarländischen Merzig hielt.

Ebenfalls aus Anlass des 50. Todestages erschien in MIZ sowie im Humanistischen Pressedienst ein Artikel des Referenten zu Pannekoeks Religionskritik: „Religionskritik als Herrschaftskritik".

Sechste Sitzung des Diskussionszyklus zur Krise

08.10.2012

[{.image .image-_original width="175" height="250"}]{.inline .inline-left}\ Donnerstag, 18.10., um 20 Uhr in den Räumen des Informationszentrums Dritte Welt in der Kronenstr. 16a (Hinterhaus).

Mit dem Text Die zwei Seiten der Sparpolitik der englischen Gruppe endnotes wollen wir Euch zur nun sechsten Sitzung unseres Diskussionszyklus zur globalen Krise einladen. Der Text versucht, den Streit zwischen einer keynesianischen Ausgabenpolitik und einer neoliberalen Sparpolitik nicht bloß als Widerspruch zweier Theorie- oder Politikansätze oder von politischen Machtverhältnissen zu begreifen. Vielmehr wird versucht, in ihm einen unhintergehbaren Selbstwiderspruch der politischen Ökonomie selbst nachvollziehbar zu machen, durch den auch die gegenwärtige Krise als grundsätzliche Strukturkrise des Kapitalismus interpretiert werden kann. Dadurch lassen sich auch verschiedene politische Reformprojekte kritisch diskutieren. Der Text sollte von allen Teilnehmenden vorher gelesen werden, so dass wir gleich in die Diskussion einsteigen können.

Werkblockade bei Iveco in Weisweil

04.10.2012

Bei der Fiat-Tochter Iveco in Weisweil brodelt es seit einiger Zeit: Nach einer strategischen Entscheidung, das Werk in Weisweil zugunsten des Werkes in Ulm zu schließen hat sich der Konzern Verhandlungen mit der Gewerkschaft IG Metall entzogen, indem er klar gemacht hat, dass sein Entlassungsangebot nicht verhandelbar sei. Damit hat er möglichen Verhandlungen jede Grundlage entzogen. Konsequenterweise wollte die IG Metall auf diesen Angriff von oben reagieren und über einen Streik abstimmen lassen. Daraufhin ging Iveco einen Schritt weiter: Um den Streik nutzlos zu machen und den Beschäftigten ihr letztes Kampfmittel zu nehmen, hat Iveco am vergangenen Freitag, 28.9., versucht, sämtliche Maschinen des Werkes abzutransportieren. Die Iveco-Beschäftigten konnten dies jedoch durch eine spontane Blockadeaktion über das Wochenende verhindern und haben mittlerweile eine Wache am Werkstor eingerichtet. Während der Konzern vordergründig über die Presse Gesprächsbereitschaft und Einigungsgeist vorgaukelt, führt er verdeckt den Klassenkampf von oben.

We will Rise - Refugee Protestmarsch nach Berlin

25.09.2012

Seit einem halben Jahr protestieren in Würzburg Flüchtlinge aus dem Iran gegen die nicht hinnehmbaren Zustände unter denen sie in Deutschland zu leben gezwungen sind. Nun sind 15 von ihnen Anfang September aufgebrochen um nach Berlin zu marschieren und so ihren Protest auch außerhalb von Bayern eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen. Dabei riskieren die mittlerweile auf 19 Personen vergrößerte Gruppe von Flüchtlingen bewusst Repressalien, da sie gegen die Residenzpflicht verstoßen, die ihre Bewegungsfreiheit unerträglich einschränkt. Dementsprechend ist neben der Abschaffung der Flüchtlingslager und dem Ende der Abschiebungen auch die sofortige Aufhebung der Residenzpflicht eine ihre Hauptforderungen. Während der Staat den Flüchtlingen mit Gesetzen droht und drangsaliert, müssen sich diese auch noch mit Angriffen durch Nazis auseinandersetzen. Um den Marsch finanziell zu unterstützen gibt es einen Spendenaufruf.

Massaker an südafrikanischen Minenarbeitern

25.08.2012

Das Massaker an den streikenden Arbeitern_innen einer der größten Platinminen der Welt vom vergangen Freitag (17.08.2012) ist ein trauriger Höhepunkt in ihren Kämpfen um ein besseres Leben. Die südafrikanische Polizei erschoss mehr als 30 Arbeiter, die an den Protesten teilnahmen. Über 70 wurden verletzt. Bereits Anfang des Jahres kam es im Rahmen von Streiks an einer anderen Mine zu Zusammenstößen mit der Polizei. Die Arbeitskämpfe betreffen den kompletten Bergbausektor.

Die Minenarbeiter schuften unter Bedingungen die sie krank machen und sind zu großen Teilen in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen wie Leiharbeit. Damit versuchen die Minenkonzerne gezielt die normalen Prozesse der Tarifverhandlungen zu unterlaufen.

Der Streit, der zwischen den beiden wichtigsten Gewerkschaften in den Platinminen, National Union of Mineworkers (NUM) und Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU), um die richtige Strategie im Arbeitskampf herrscht ist sicher nicht die Ursache für die Ausschreitungen, wie in manchen Massenmedien berichtet wurde. Beide Gewerkschaften sind sich einig, dass der Minenbetreiber Lonmin Absprachen nicht einhält und Strukturen der regulären Tarifverhandlungen unterläuft, in dem Sonderabsprachen mit einzelnen Arbeitergruppen getroffen werden und in dem Leiharbeit und andere unsichere Beschäftigungsverhältnisse etabliert werden.

Fünfte Sitzung des Diskussionszyklus zur Krise

18.08.2012

[{.image .image-_original width="175" height="250"}]{.inline .inline-left}\ Zu neuer Zeit (Donnerstag, den 13. September um 20 Uhr) und an neuem Ort (in den Räumen der iz3w) wollen wir Euch zur inzwischen fünften Sitzung unseres Diskussionszyklus zur globalen Krise einladen. Dieses mal werden wir ein Interview mit Paul Mattick Jr. zu seinem neuen Buch ?Business as Usual. Krise und Scheitern des Kapitalismus? diskutieren. In diesem Interview, das die Genossen John Clegg und Aaron Benanav von der Zeitschrift Endnotes im April 2011 führten, unternimmt Paul Mattick den Versuch die aktuelle Krise zu deuten und sie in die ökonomische Entwicklungen der vergangenen vierzig Jahre einzuordnen. Dabei widerspricht er gängigen, auch von vielen Linken geäußerten, Erklärungsmustern.\ Wie immer sollte der Text von allen Teilnehmenden vorher gelesen sein, so dass wir gleich in die Diskussion einsteigen können.

Achtung: Neuer Ort und neue Zeit: Diesmal Donnerstags um 20 Uhr in den Räumen des Informationszentrums Dritte Welt in der Kronenstr. 16a (Hinterhaus)

Massive Klassenkämpfe in der indischen Autoindustrie

11.08.2012

Kurz nach Ausbruch der aktuellen Phase der Krise 2007 konnte „der führende Sektor des Weltkapitalismus" (Beverly Silver), die Autoindustrie, nur durch massive staatliche Subventionierungen (Stichwort Abwrackprämie) vor dem Absturz bewahrt werden. Doch nun erreicht die Krise erneut den Motor der Bestie. Frankreichs gesamte Autoproduktion gerät ins Trudeln, was schon zu ersten Protesten führte und wieder ist es in Deutschland v.a. Opel, dessen Zukunft ungewiss erscheint. In Indien, inzwischen eines der Zentren der globalen Autoindustrie, kommt es seit Jahren zu massiven Kämpfen in diesem Sektor. Diese haben nun einen neuen Höhepunkt erlebt, als randalierende ArbeiterInnen von Maruti Suzuki in Manesar Mitte Juli den Verwaltungstrakt der Fabrik verwüsteten und über 100 ManagerInnen verletzten und einen tödlich verwundeten. Aktuell läuft eine massive Repressionswelle gegen die ArbeiterInnen, bei der schon mehr als 100 Personen festgenommen wurden, aber auch eine Solidaritätskampagne dagegen.

Spanien: Kämpfe im Zentrum der Krise

22.07.2012

Nach Griechenland rückt allmählich Spanien in das Zentrum der globalen Krise und auch die Kämpfe nehmen zu. Nach der Bewegung der Empörten, gewerkschaftlichen Massenprotesten, Bildungsstreiks und die Verhinderungen von Häuserräumungen sind nun die BergarbeiterInnen in den Kampf getreten. Diese streiken seit dem 31.Mai 2012 um gegen die geplante Kürzung der Subventionen im Kohlebergbau zu protestieren. Dies würde einen Streichung von knapp 8000 Stellen bedeuten in einer Region deren Arbeitslosigkeit bei 25% liegt. Bei ihren Protesten griffen die Bergleute zu teils sehr militanten Mitteln. So blockierten sie Straßen und Zufahrten, beschossen die anrückende Polizei mit Raketen und Zwillen. Siebzehn von ihnen verbarrikadierten sich in Schächten. Am 21. Juni.2012 begann dann der schwarze Marsch auf Madrid. Ca. 200 BergarbeiterInnen machten sich zu Fuß durch die asturische Provinz auf den Weg in die Hauptstadt. Dort angekommen wurden sie von Zehntausenden begeistert empfangen.

Flüchtlinge in Würzburg wehren sich gegen rassistische Gesetzgebung

14.07.2012

Seit März protestieren mehrere iranische Flüchtlinge in Würzburg gegen die unzumutbaren Umstände unter denen sie in Deutschland zu leiden haben. Teilweise sind sie dazu in einen Hungerstreik getreten, den die meisten aber mittlerweile wieder beendet haben. Eine ihrer Hauptforderungen, nämlich die offizielle Anerkennung als politische Flüchtlinge, konnten sie zumindest für Einige von Ihnen mittlerweile erkämpfen. Weitere noch nicht erfüllte Forderungen sind unter anderem Abschaffung der Residenzpflicht und der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Mittlerweile haben sich die Proteste von Flüchtlingen gegen die rassistische Sonderbehandlung auf mehrere Städte in Bayern ausgeweitet. Die selbstorganisierten Proteste werden sicherlich auch ein Thema des diesjährigen No border Camps in Köln/Düsseldorf sein.

Vierte Sitzung des Diskussionszyklus zur Krise

06.07.2012

[{.image .image-_original width="175" height="250"}]{.inline .inline-right}\ Am Sonntag den 15. Juli laden wir Euch um 15 Uhr erneut in die KTS ein um mit Euch im Rahmen unseres Diskussionszyklus zur Krise zu debattieren.

Auch wenn Politik und Presse seit inzwischen einigen Jahren schon versuchen die Krise für beendet zu erklären, hält sich die Ökonomie einfach nicht an diese Beschwörungen. Stattdessen weitet sich die Krise einfach immer weiter aus und hat nach der Finanzsphäre nun die Staatsfinanzen fest im Griff. Aus diesem Grund wollen wir noch einmal die \"Thesen zur Krise\" der Freundinnen und Freunde des klassenlosen Gesellschaft aus Berlin lesen, die 2008 im Kosmoprolet erschienen sind.

Wie immer soll der Text von allen bereits gelesen sein, so dass wir gleich in die Diskussion einsteigen können. Wir freuen uns auf Eurer zahlreiches Erscheinen.

Globale Bildungsproteste

16.06.2012

Wie schon bei den Protesten in Chile, Brasilien, Kolumbien und anderen südamerikanischen Staaten, weiten sich nun auch die als Studierendendemonstrationen Mitte Februar 2012 gestarteten Proteste in der kanadischen Provinz Québec immer weiter aus. Anteil hatte daran auch die Verabschiedung eines neuen Gesetzes, das sich gegen die Demonstrierenden richtet und u.a. drakonische Strafen schon bei geringfügigen Vergehen, wie dem Blockieren eines Zugangs zu einer Universität, vorsieht. Dadurch zogen die Proteste auch Menschen an, die nicht Angehörige des Bildungssektors sind und die Demonstrationen dehnten sich auf Vancouver, die Hauptstadt der Provinz British Columbia, aus. Schon jetzt sind diese Proteste die stärksten die Québec je erlebt hat. Es bleibt zu hoffen, dass die Gleichzeitigkeit von Protesten, die ursprünglich als Bildungsproteste starteten, in u.a. Südamerika, Kanada und Spanien nicht bei einem zufälligem Nebeneinander verharren.

Europäischer Marsch der Sans Papiers und der Migrant.inn.en in Freiburg

16.06.2012

Am Mittwoch, den 20. Juni erreicht der Europäischer Marsch der Sans Papiers und der Migrant.inn.en 2012 Freiburg.\ Der Marsch soll Sans-Papiers und Migrant_innen der EU und des Schengenraums zusammenbringen und vor das Europäische Parlament in Strassburg führen. Die Teilnehmenden fordern die globale Regularisierung aller Sans-Papiers, Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit für alle, Bürgerschaftsrechte am Aufenthaltsort, Schutz und Respekt für Asylsuchende, für Sinti und Romas etc. Wir bewegen uns alle nach Strassburg, der Hauptstadt vieler europäischer Institutionen, um die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und/oder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu ermahnen, die Europäische Konvention der Menschenrechte im Migrations- und Asylbereich umzusetzen.\ In Freiburg wird es ab 18 Uhr eine Kundgebung auf dem Rathausplatz und eine anschließende Demonstration geben. Dabei wird es auch um die Situation der in Freiburg lebenden Roma gehen, die aktuell von der Abschiebung bedroht sind.

Dritte Sitzung des Diskussionszyklus zur Krise

25.05.2012

[{.image .image-_original width="175" height="250"}]{.inline .inline-left}\ Am Sonntag den 17. Juni laden wir Euch um 15 Uhr erneut in die KTS ein um mit Euch im Rahmen unseres Diskussionszyklus zur Krise zu debattieren.

Dass Revolution und Krise untrennbar zusammenhängen, stand für die historische ArbeiterInnenbewegung außer Frage. Doch wird der Kapitalismus von alleine zusammenbrechen und dann der Sozialismus hereinbrechen, so dass die RevolutionärInnen nur abzuwarten brauchen oder bedarf es der bewussten Tat der Massen um das System zu stürzen und das Reich der Freiheit zu errichten? Der holländische Rätekommunist Anton Pannekoek untersucht in seinem erstmals 1934 erschienen Text - Anton Pannekoek - Zusammenbruchstheorie des Kapitalismus

  • die verschiedenen Revolutionstheorien, die nach der großen Krise 1929 innerhalb der RevolutionärInnen diskutiert wurden. Vor allem Rosa Luxemburg, Otto Bauer und Henryk Grossmann werden dabei behandelt.

Wir wollen an diesem Sonntagnachmittag, bei Café und Kuchen, Pannekoeks Text diskutieren und schauen, ob er uns auch nach der großen Krise 2008 noch etwas zu sagen hat. Wie immer soll der Text von allen bereits gelesen sein, so dass wir gleich in die Diskussion einsteigen können. Wir freuen uns auf Eurer zahlreiches Erscheinen.

Zweite Sitzung des Diskussionszyklus zur Krise

21.04.2012

[{.image .image-img_assist_custom-175x220 width="175" height="220"}]{.inline .inline-right} Am 20. Mai 2012 laden wir Euch zum zweiten Treffen des Diskussionszyklus zur Krise ein. In entspannter Kaffee- und Kuchen-Atmosphäre wollen wir diesmal den Text „Kapitalismus, Krise und Kritik. Zum analytischen Potential der Marxschen Theorie" von Michael Heinrich mit Euch besprechen. In diesem 2010 entstandenen Aufsatz setzt sich Heinrich mit der Aktualität der Marxschen Krisenanalyse auseinander. Dabei kritisiert er angeblich linke Reformprogramme im Gefolge John Maynard Keynes gleichermaßen wie Neoklassische Interpretationen der Krise.\ Wie immer treffen wir uns um 15 Uhr in der KTS, Baslerstr. 103 in Freiburg. Und wie immer sollten alle TeilnehmerInnen den Text zum Treffen gelesen haben, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können.

Buchvorstellung: Frühschicht - linke Fabrikinterventionen seit den 1970er Jahren

21.04.2012

[{.image .image-img_assist_custom-141x182 width="141" height="182"}]{.inline .inline-right}\ Am Dienstag den 22.05.2012 präsentieren der Rosa Luxemburg Club Freiburg und La Banda Vaga die Buchvorstellung von Jan Ole Arps Frühschicht - Linke Fabrikinterventionen seit den 1970er Jahren. Diese findet um 19:00 Uhr im Hörsaal 1098 im Kollegiengebäude I der Universität Freiburg am Platz der Universität 3 statt.

Klaus Franz hat es getan, Berthold Huber hat es getan, Joschka Fischer hat es getan.

«Ich wusste nicht, was auf mich zukam. Aber ohne die Arbeiterklasse hatten wir keine Chance, die Welt zu verändern, so viel war klar.» Das schreibt Harry Oberländer 1977, einige Jahre nachdem er als revolutionärer Aktivist bei Opel in Rüsselsheim angeheuert hatte. Vom Studenten zum Arbeiter.

Was heute kaum vorstellbar klingt, war Anfang der 70er Jahre weit verbreitet. Auf die antiautoritäre Revolte von 1968 folgte für viele der Schritt in die Produktion; einige Tausend junge Linke tauschten den Seminarstuhl gegen die Werkbank ein, um die Arbeiterklasse für Revolution und Kommunismus zu begeistern.

Inzwischen ist Klaus Franz (ehemals Mitglied der maoistischen KPD/AO) Betriebsratsvorsitzender bei Opel, Berthold Huber (ehemals Mitglied in der Vorgängerorganisation der MLPD) Vorsitzender der IG Metall, und Joschka Fischer (ehemals Revolutionärer Kampf, Frankfurt) war der erste grüne Außenminister und berät nun deutsche Unternehmen aller Sparten.

Über die bunte Vielfalt der linken «Betriebsintervention» ist hingegen kaum noch etwas bekannt. Ebenso fast vergessen: Auch in bundesdeutschen Fabriken herrschten in jenen Jahren keineswegs nur Ordnung, Fleiß und Disziplin. Zwar ließen sich die westdeutschen ArbeiterInnen anders als in Frankreich oder Italien nicht von der revolutionären Begeisterung mitreißen, die die Universitäten erfasst hatte, doch wilde Streiks waren häufig und hohe Lohnabschlüsse die Regel.

Der Vortrag geht der Faszination nach, die diese Ereignisse auf die rebellischen StudentInnen hatte. Es behandelt die K-Gruppen, die sich an Lenins Modell der Kaderpartei orientierten, ebenso wie die Spontis, deren Schlachtruf «Wir wollen alles» lautete und die die These von der Autonomie der Arbeiterkämpfe in der Fabrik erproben wollten. Es zeichnet den Weg junger Linker in die Betriebe nach und schildert, welche Erfahrungen sie dort machten. Damit handelt es vom Konflikt zwischen revolutionären Wünschen und den Mühen des Alltags, von Begeisterung und Ernüchterung über die Arbeiterklasse und von der Krise der autoritären Disziplin, die zur Krise der Großfabrik und der an ihr orientierten politischen Ansätze beitrug.

Jan Ole Arps, Jahrgang 1978, hat Politikwissenschaft studiert. Er lebt in Berlin, ist Redakteur bei «ak -- analyse & kritik», in der Gruppe FelS (Für eine linke Strömung) und dem Euromayday Netzwerk aktiv und arbeitet -- wenn möglich -- als freier Autor.

Erste Sitzung des Diskussionszyklus zur Krise

30.03.2012

[{.image .image-_original width="175" height="200"}]{.inline .inline-left}\ Am Sonntag, den 15. April 2012 treffen wir uns bei Kaffee und Kuchen um 15 Uhr in der KTS Freiburg, Baslerstr. 103 zum ersten Treffen des Diskussionszyklus zur Krise.

Eingeladen sind alle die gerne mit uns über die Ursachen, den Verlauf, die Zukunft und Reaktionen auf die globale Krise diskutieren wollen.

Beim ersten Treffen lesen wir einen Text von Karl Heinz Roth Globale Krise Globale Proletarisierung Gegenperspektiven\ Erschienen ist der Text bereits 2008, nachdem klar war, dass sich eine schwere, andauernde und weltweite Wirtschaftskrise Bahn gebrochen hat. Zum Einstieg in den Diskussionszyklus werden wir damit einen Abriss vergangener Krisen bekommen. Spannend wird sein zu sehen welche Prognosen der Autor trifft und inwieweit sich diese in den Entwicklungen seit Veröffentlichung des Texts widerspiegeln.

Den Text sollten Teilnehmenden gelesen haben, so dass wir gleich in die Diskussion einsteigen können.

Die zwei Seiten der Sparpolitik

16.03.2012

Von Bar-Yuchnei

Wir haben folgenden Text der Gruppe endnotes ins Deutsche übersetzt, da wir denken, dass er wichtige Denkanstöße zur Diskussion über die globale Krise liefern kann. Den englischen Original-Text findet Ihr hier.

Wie sollen wir die aktuelle Runde der Sparpolitik deuten? Sollen wir Keynesianern wie Paul Krugman glauben, wenn sie behaupten, dass die Kapitalisten mit der Forderung nach Einschnitten gegen ihre eigenen Interessen handeln? Sind die Staatsfinanzen wirklich unter Druck oder ist das alles nur ein Trick, um die letzten verbliebenen Errungenschaften aus den Arbeitskämpfen zu untergraben? Einige Mitglieder von Endnotes nehmen sich dieser Fragen an...

Eine Krise ist zuallererst eine Krise für die Arbeiter_innen. Aber sie ist eine Krise für die Arbeiter_innen, weil sie eine Krise des Kapitals ist. Dass es sich so verhält, ist nicht immer offensichtlich. Wann immer das BIP sinkt, rufen die Vertreter des Kapitals ausnahmslos nach \"gemeinsamen Opfern\" -- also nach Opfern, die gemeinsam von den Lohnabhängigen erbracht werden sollen. Es wäre eine Sache, wenn das nur Entlassungen im öffentlichen Dienst und Kürzungen der Sozialprogramme -- genau dann, wenn sie am meisten gebraucht werden -- bedeuten würde. Schließlich macht es die Struktur der kapitalistischen Produktionsweise unausweichlich, dass im Verlauf einer Krise Staatsausgaben eingespart werden. Denn im Gegensatz zu dem, was Keynesianer sagen, sind staatliche Maßnahmen letzten Endes durch die Wachstumsrate der Privatwirtschaft beschränkt -- und nicht anders herum.

Aber in Wirklichkeit sind Sparmaßnahmen nie nur eine temporäre Reaktion auf die Krise. Sozialprogramme sind nicht nur gekürzt, sondern dauerhaft ausgesetzt oder komplett gestrichen worden. In vielen Ländern wird die Krise genutzt, um lange bestehende Rechte und Ansprüche zu zerstören, wie etwa das Recht sich zu organisieren. Diese Angriffe scheinen nicht nur zyklische Anpassungen in der sich entfaltenden Logik der kapitalistischen Produktionsweise zu sein. Im Gegenteil, sie scheinen Kernpunkte des Klassenkampfs des Kapitals darzustellen. Auf dieser Grundlage zieht man leicht den Schluss, dass Sparprogramme nur die Umverteilung des Reichtums von Löhnen zu Profiten kaschieren sollen.

Beließen wir unsere Analyse aber hierbei, kämen wir einer keynesianischen Position gefährlich nahe. Denn auch sie erkennt in den Manövern des Kapitals Bemühungen, den Reichtum zugunsten von Profiten umzuverteilen. Doch die Keynesianer gehen in ihrer Argumentation weiter und unterscheiden zwischen den kurzfristigen Interessen des Kapitals (dem Kampf um ein größeres Stück des kleiner werdenden Kuchens) und seinen langfristigen Interessen (gemeinsam mit den Arbeitern den Kuchen vergrößern). Handelten beide Klassen strategisch, würden sie, den Keynesianern zufolge, ihren Kampf um die Verteilung des Reichtums beenden. Mit anderen Worten: Es gäbe keinen Klassenkampf. Das Kapital würde sich bereit erklären, in die Ausdehnung der Produktion zu investieren, und die Arbeiter wären damit einverstanden, dass sich nur ein Teil des daraus resultierenden Produktivitätszuwachses in den Löhnen niederschlägt. Der Staat würde diese Übereinkunft in einer neutralen Art und Weise regulieren: Wann immer die Wirtschaft stagniert und die Parteien zu zanken beginnen, würde er die Zinsen senken und Kredite aufnehmen, um die Nachfrage anzukurbeln, und somit beiden Klassen etwas anzubieten haben. Sobald das Wachstum wieder einsetzt, würde er die Zinsen wieder anheben und seine Schulden zurückzahlen.

Zurzeit passiert natürlich etwas vollkommen anderes. Haben die Vertreter des Kapitals den Staat für ein kurzfristiges Umverteilungsprojekt übernommen -- und so die Fähigkeit verloren, entsprechend ihren langfristigen strategischen Interessen zu handeln? Selbst wenn der sogenannte grüne Kapitalismus die ökologische Katastrophe nicht abwenden würde, wäre er mit Sicherheit immer noch eine phantastische PR-Kampagne für das Kapital. Trotzdem kommt er nicht richtig in Fahrt. Würde die Krise zu einem Ende kommen, wenn der Staat, wie Keynesianer verlangen, die Rufe nach Einsparungen ignorieren und stattdessen versuchen würde, mittels riesiger Investitionen in die Infrastruktur das Kapital zu einer Erneuerung seiner Übereinkunft mit den Arbeitern zu bewegen?

Auf diese Weise lässt sich die momentane Situation unseres Erachtens nicht begreifen. Der Kapitalismus ist inmitten einer tiefen Krise, welche beiden Klassen die objektiven Grenzen dieser Produktionsweise vor Augen führt. Diese Grenzen sind weder im Interesse einer der beiden Klassen -- noch können sie durch Maßnahmen eines starken Staates überwunden werden. Im Gegenteil, es ist die Schwäche des Staates, die uns in den kommenden Monaten, mit einer so gut wie sicheren \"double-dip\"-Rezession, schmerzhaft bewusst werden wird. Christine Lagarde, die neue Chefin des IWF, bekundete kürzlich in der Financial Times ihre Beunruhigung über diese Entwicklung:

\"Die heutige Situation ist eine andere als 2008. Damals war der schlechte Zustand der Finanzinstitutionen der Grund für die Unsicherheit. Heute sind es Zweifel am Zustand der Staaten (...) Damals bestand die Antwort in einer beispiellosen Lockerung der Geldpolitik, direkter Unterstützung des Finanzsektors und moderaten Konjunkturanreizen. Heute ist die Geldmarktpolitik eingeschränkter, die Probleme der Banken müssen erneut angegangen werden und die Krise hat eine Altlast an Staatsschulden hinterlassen - in den entwickelten Ländern sind sie durchschnittlich etwa 30% des BIP höher als vorher.\" (FT, 16. August 2011)

Was Lagarde nicht erwähnt, ist, dass die Staatsschuldenquote in den \'entwickelten Ländern\' bereits vor 2008, als sie sich in Reaktion auf die Krise aufblähte, hoch war (siehe Tabelle). Am Vorabend der Großen Depression von 1929 lag die Staatsverschuldung der USA bei nur 16% des BIP; zehn Jahre später, 1939, war sie auf 44% gestiegen.1{#footnoteref1_7eqdsbj .see-footnote} Im Gegensatz dazu lag sie 2007 am Vorabend der aktuellen Krise bereits bei 62% und erreichte nur vier Jahre später den Stand von 99%. Die Ursache ist einfach auszumachen: Seit beinahe vier Jahrzehnten ist die Staatsschuldenquote in den einkommensstarken Ländern während der Krisen meist angestiegen (wie es die keynesianischen Rezepte vorsehen), in Boomphasen aber nicht wieder gesunken oder sogar weiter gestiegen. Liegt das an der schlechten Planung seitens der Eliten? Im Gegenteil, es liegt daran, dass die Boomphasen selbst, von Zyklus zu Zyklus, immer schwächer geworden sind. Im Ergebnis war der Staat nicht in der Lage, Zinssätze zu erhöhen oder seine Schulden abzuzahlen (allenfalls mit Unterbrechungen), denn jeder ernsthafte Versuch dazu hätte die immer zerbrechlicheren Wachstumsphasen gefährdet.2{#footnoteref2_ms4zd9n .see-footnote} Das stellt die Keynesianer vor ein Problem, da es auf eine strukturelle Schwäche der kapitalistischen Wirtschaft verweist -- die der Staat nicht beheben kann.

Diese Schwäche setzt den Staat doppelt unter Druck. Erstens befindet er sich aufgrund der Fragilität der Wirtschaft in genau der Situation, die Keynes während der Großen Depression vor Augen hatte. In den letzten vier Jahren hat die US-Notenbank gemeinsam mit anderen Zentralbanken die Zinssätze für kurzfristige Anleihen bei ungefähr null Prozent gehalten. Trotzdem hat sich die Wirtschaft bislang nicht erholt. Das sollte eigentlich unmöglich sein: Die Wirtschaft sollte dieses kostenlose Geld für Investitionen nutzen, private Haushalte sollten damit Immobilien kaufen. Wenn heutzutage niemand mehr Geld leihen möchte, dann deswegen, weil alle bereits hoch verschuldet sind. Diese Schulden stammen natürlich aus den Jahren der „Finanzblase"(1998-2001 und 2003-2007), als sowohl Firmen wie wohlhabendere Familien den Wert ihrer Anlagen steigen sahen. Sie beliehen ihre steigenden Anlagewerte, um zu investieren oder große Anschaffungen zu machen -- selbst als die Profite und Gehälter stagnierten.3{#footnoteref3_4pufzhg .see-footnote} Jetzt, wo diese Anlagewerte dramatisch gefallen sind, versucht jeder Geld zu sparen und seine Schulden zu tilgen. Allerdings hat diese Sparorgie die Wirtschaft in Gefahr gebracht. Unter normalen Umständen bringen Firmen und Privatpersonen gespartes Geld auf die Bank, die es an andere Firmen und Privatpersonen verleiht, die das Geld wiederum ausgeben. So gesehen sinken die Ausgaben nicht. Sparen aber alle gleichzeitig, ist genau das der Fall und die Wirtschaft schrumpft. Der Unterschied zwischen der Großen Depression und heute besteht darin, dass die Regierungen diesmal eingesprungen sind, um diese Lücke durch Staatsausgaben auszugleichen -- also durch fiskalische Anreize (auch wenn diese hauptsächlich in Erhöhungen bereits existierender Arbeitslosen- und Sozialleistungen bestehen). Während der ersten Jahre der Großen Depression tat die US-Regierung dies nicht und die Wirtschaft schrumpfte um 46 Prozent. Die fiskalischen Anreize haben heute somit eine andere Funktion als im Laufe eines normalen Wirtschaftszyklus. Ihr Zweck ist es nicht, das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln -- dazu müssten die Leute das zusätzliche Geld auch tatsächlich ausgeben. Stattdessen nutzen sie es hauptsächlich, um ihre Schulden abzuzahlen. In der jetzigen Krise dienen die Staatsausgaben nur dem Zweck, Zeit zu gewinnen, um allen die Möglichkeit zur Schuldentilgung zu geben, ohne eine Deflation auszulösen -- die die Anlagewerte drücken und die Schuldenlast folglich noch erhöhen würde. Aus diesen Gründen sind fiskalische Anreize heute die einzige Möglichkeit, die Wirtschaft vor dem Schrumpfen zu bewahren.[4](#footnote4_258c2hg "Letzten Endes kann die Regierung mit Geldmarktpolitik Wirtschaft und Haushalte nur zum Geldausgeben ermutigen; sie kann sie nicht dazu zwingen (in der Finanzpolitik gibt sie dagegen ihr eigenes Geld aus – oder zumindest soviel, wie sie sich leihen kann). Diese Grenze der Geldmarktpolitik wurde kürzlich durch das Scheitern der "Quantitativen Lockerung" demonstriert. Die US-Notenbank (FED) und andere Zentralbanken, besonders die britische, erwarben große Mengen der langfristigen Anleihen ihrer eigenen Regierung und drückten so Geld in den Bankensektor. Diese Maßnahme hätte inflationär wirken müssen. Sie tat es aber nicht, da sich niemand das zusätzliche Geld lieh, das die Banken nun hatten. In der Tat war die quantitative Lockerung nie dazu gedacht, eine Inflation zu verursachen – selbst wenn die FED regelmäßig des "Gelddruckens" beschuldigt wurde. Durch das Aufkaufen der Anleihen versuchten die Zentralbanken Investoren aus dem Anleihemarkt zu drängen, hinein in riskantere Anlagenformen. Der Erfolg dieser Maßnahme zeigte sich, als im ersten Halbjahr 2011 die Aktienpreise stiegen und Wirtschaft sowie wohlhabendere Haushalte plötzlich um einiges wohlhabender aussahen als noch wenige Monate zuvor. Die Hoffnung war, dass die steigenden Aktienpreise die Bilanzen aller Beteiligten richten würden. Aber die Auswirkung der quantitativen Lockerung hielt nur so lange wie die Lockerung selbst. Letzten Endes stiegen die Aktienpreise nicht etwa deshalb, weil sich die Wirtschaft tatsächlich erholt hätte; sie stiegen, weil die Zentralbanken sie steigen ließen. Eine Flut schlechter Nachrichten über die Wirtschaft – die schlechteste war die über das Ende der quantitativen Lockerung durch die FED – ließen die Mini-Börsenblase platzen. In Wahrheit wurde jeder positive Effekt, den die quantitative Lockerung auf die Bilanzen von Investoren hatte, durch die Tatsache mehr als aufgehoben, dass sie auch die Preise für Waren (z.B. Nahrungsmittel und Treibstoff) ansteigen ließ und so die laue Markterholung gefährdete."){#footnoteref4_258c2hg .see-footnote}

Neben dem Druck, Geld auszugeben, lastet ein weiterer, ebenso starker, aber entgegengesetzter Druck auf dem Staat -- der Druck zur Schuldensenkung. Entgegen den Behauptungen von Keynesianern haben die Staaten sehr wohl seit dem Ausbruch der Krise viel Geld ausgegeben. In den letzten vier Jahren hat die US-Regierung Schulden in einer Höhe aufgenommen, die nur knapp unter der gesamten nationalen Wirtschaftsleistung von 1990 lag -- und das nur, um das Abgleiten in die Rezession zu verlangsamen. Das Problem ist, dass der Staat diese gewaltigen Schulden in einem historischen Kontext anhäuft, in dem er, wie die Unternehmen und Haushalte selber, bereits hochverschuldet ist.5{#footnoteref5_6ns3s07 .see-footnote} Dieser historische Kontext fehlt in den Betrachtungen der Keynesianer: Sie übersehen, dass die Schwäche der Wirtschaft in den letzten vier Jahrzehnten -- die Tatsache, dass die Wirtschaft bereits vor der gegenwärtigen Krise immer langsamer gewachsen ist -- heute die Möglichkeiten des Staates zur Verschuldung begrenzt. Das ist es, was Lagarde solche Sorgen bereitet. Die Staatsverschuldung ist bereits so hoch, dass es riskant ist, noch mehr Geld zur Stimulation der Wirtschaft auszugeben. Ausgaben in der jetzigen Situation verringern nur die ohnehin schwindende Fähigkeit des Staates, sich im Falle zukünftiger finanzieller Notsituationen zu verschulden. Sie könnten die Krise sogar beschleunigen, da die schnelle Zunahme der Staatsverschuldung das Gespenst des Staatsbankrotts wecken könnte.6{#footnoteref6_bbgnu0c .see-footnote} Unter diesen Umständen hat der Staat die Pflicht, sein Pulver trocken zu halten -- also solange wie möglich seinen Zugang zu billigen Krediten aufrechtzuerhalten. Er wird diese Kredite nämlich für seine Versuche brauchen, die kommenden Wellen finanzieller Turbulenzen zu überstehen (etwa für weitere Bankenrettungen). In diesem Sinne sind Sparmaßnahmen absolut vernünftig. Dass sie gleichzeitig Deflation verursachen werden und so die Stabilität dessen, was sie stützen sollten, gefährden, ist ein realer Widerspruch, dem der Staat in dieser Phase ausgesetzt ist. Diese zwei Dringlichkeiten -- Geld auszugeben, um Deflation abzuwenden, und Geld einzusparen, um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden -- sind in gleichem Maße unerbittlich. In der Tat offenbart sich die Krise gerade in den Bilanzbüchern unzähliger Staaten. So wie 2008 die Solvenz der Privatwirtschaft dadurch erhalten wurde, dass ihre Schulden in die öffentlichen Haushalte verschoben wurden, so gefährden die aktuellen Maßnahmen der Staaten zur Rettung ihrer eigenen Solvenz wiederum den privaten Sektor. Frei nach Marx: All dieses Jonglieren mit Schulden dient nur der Verschiebung der Insolvenzkrise auf ausgedehntere Sphäre, eröffnet ihr größren Spielkreis.

Gleichwohl müssen wir uns davor hüten, die Schwäche der kapitalistischen Produktionsweise für eine Schwäche des Kapitals in seinem Kampf mit den Arbeiter_innen zu halten. Krisen haben die Position des Kapitals im Klassenkampf noch immer gestärkt --- und die keynesianische Vorstellung, dass der Staat das Kapital dazu bringen könnte, seinen Vorteil nicht auszunutzen, ist nichts als eine technokratische Phantasie. In einer Krise fällt die Nachfrage nach Arbeit genau dann, wenn ihr Angebot aufgrund von Entlassungen zunimmt. Schon das schwächt die Verhandlungsposition der Arbeiter_innen. Außerdem stimmt es zwar, dass das Kapital im Laufe eines Abschwungs Verluste macht, aber die einzelnen Kapitalisten geraten selten in die Art von existenzieller Not, mit der sich entlassene Arbeiter_innen konfrontiert sehen. Kapitalisten haben viel größere Reserven als Arbeiter_innen, so dass sie eine Krise normalerweise aussitzen können, gerade wenn die Nachfrage nach ihren Produkten gesunken ist. Aus all diesen Gründen müssen wir erkennen, dass die Krise die Position der Arbeiter_innen gegenüber dem Kapital geschwächt hat. Es ist also keine Überraschung, dass dessen Vertreter die Krise zu ihrem Vorteil nutzen und behaupten, dass diese oder jene Maßnahme notwendig sei, um die Profite wieder zu steigern. Die Profitrate wieder anzuheben, ist tatsächlich der einzige Weg zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Und solange die Arbeiterklasse nicht die Existenz der Klassengesellschaft schlechthin angreift, haben Arbeiter_innen kein anderes Interesse als einen Arbeitsplatz zu finden oder ihn zu behalten. Das sind die Schwierigkeiten, die sich in der kapitalistische Krise darstellen. Die Schwäche des Systems als Ganzes ist zugleich die Schwäche der Arbeiter_innen in ihrem täglichen Kampf mit dem Kapital -- und nicht, wie man erwarten möchte, ihre Stärke. Wenn wir diese zwei Momente nicht auseinanderhalten, laufen wir Gefahr, die widersprüchliche Natur der Sparmaßnahmen in der momentanen Krise misszuverstehen.

Gesamtschulden in Prozent des BIP, ausgewählte Länder, 2007-2011


Land 2007 2008 2009 2010 2011 Änderung Island 29 72 100 116 108 +79 Irland 25 44 66 94 102 +77 Japan 188 195 218 226 234 +46 Griechenland 96 99 115 130 139 +44 Großbritannien 44 52 68 77 82 +38 USA 62 71 84 93 99 +37 Spanien 36 40 53 63 70 +34 Portugal 63 65 76 83 87 +24 Niederlande 45 58 62 66 69 +24 Frankreich 64 67 78 84 88 +24 Belgien 83 90 97 100 103 +20 Finnland 35 35 44 50 52 +17 Italien 103 106 116 118 120 +16 Tschechische Republik 29 30 35 40 44 +15 Kanada 65 70 82 82 80 +15 Neuseeland 17 20 26 31 33 +15 Australien 9 12 18 22 24 +14 Österreich 59 62 67 70 72 +13 Dänemark 34 42 41 44 47 +13 Deutschland 65 66 74 75 77 +12 Taiwan 33 36 40 39 38 +5 Schweden 40 38 42 42 41 +1 Korea 30 29 33 32 31 +1 Israel 78 75 78 76 74 -3 Norwegen 59 57 54 54 54 -4 Schweiz 44 41 39 39 38 -6


Quelle: http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2010/02/weodata/index.aspx

  • [1. Es stimmt, dass die Staatsverschuldung der USA 1946, am Ende des Zweiten Weltkrieges, auf 121% des BIP nach oben schnellte - also 17 Jahre nach dem Beginn der Depression. Das war allerdings während des Krieges und die aufgehäuften Schulden wurden beinahe vollständig über Anleihen finanziert, die US-Bürger gekauft hatten. In den 1940ern waren die USA ein internationaler Gläubiger, der sich im eigenen Land verschuldete. Heute sind sie ein internationaler Schuldner, der im Ausland Kredite aufnimmt.]{#footnote1_7eqdsbj}
  • [2. In der Phase starken Wachstums nach dem Zweiten Weltkrieg fiel die Staatsverschuldung der USA von 121% des BIP im Jahre 1946 auf 32% 1974. Die einzige Phase, in der dieses Verhältnis seitdem sank (von 70% auf 55%), war auch die einzige, in der die Wirtschaft schnell wuchs, nämlich die Jahre 1995-2000.]{#footnote2_ms4zd9n}
  • [3. Siehe Robert Brenner, 'What's Good for Goldman Sachs is Good for America'. Andere Texte, die wir für diese Abhandlung nützlich fanden, sind Richard Koos Memo 'QE2 has transformed commodity markets into liquidity-driven markets' und Paul Matticks neues Buch Business as Usual.]{#footnote3_4pufzhg}
  • [4. Letzten Endes kann die Regierung mit Geldmarktpolitik Wirtschaft und Haushalte nur zum Geldausgeben ermutigen; sie kann sie nicht dazu zwingen (in der Finanzpolitik gibt sie dagegen ihr eigenes Geld aus -- oder zumindest soviel, wie sie sich leihen kann). Diese Grenze der Geldmarktpolitik wurde kürzlich durch das Scheitern der \"Quantitativen Lockerung\" demonstriert. Die US-Notenbank (FED) und andere Zentralbanken, besonders die britische, erwarben große Mengen der langfristigen Anleihen ihrer eigenen Regierung und drückten so Geld in den Bankensektor. Diese Maßnahme hätte inflationär wirken müssen. Sie tat es aber nicht, da sich niemand das zusätzliche Geld lieh, das die Banken nun hatten. In der Tat war die quantitative Lockerung nie dazu gedacht, eine Inflation zu verursachen -- selbst wenn die FED regelmäßig des \"Gelddruckens\" beschuldigt wurde. Durch das Aufkaufen der Anleihen versuchten die Zentralbanken Investoren aus dem Anleihemarkt zu drängen, hinein in riskantere Anlagenformen. Der Erfolg dieser Maßnahme zeigte sich, als im ersten Halbjahr 2011 die Aktienpreise stiegen und Wirtschaft sowie wohlhabendere Haushalte plötzlich um einiges wohlhabender aussahen als noch wenige Monate zuvor. Die Hoffnung war, dass die steigenden Aktienpreise die Bilanzen aller Beteiligten richten würden. Aber die Auswirkung der quantitativen Lockerung hielt nur so lange wie die Lockerung selbst. Letzten Endes stiegen die Aktienpreise nicht etwa deshalb, weil sich die Wirtschaft tatsächlich erholt hätte; sie stiegen, weil die Zentralbanken sie steigen ließen. Eine Flut schlechter Nachrichten über die Wirtschaft -- die schlechteste war die über das Ende der quantitativen Lockerung durch die FED -- ließen die Mini-Börsenblase platzen. In Wahrheit wurde jeder positive Effekt, den die quantitative Lockerung auf die Bilanzen von Investoren hatte, durch die Tatsache mehr als aufgehoben, dass sie auch die Preise für Waren (z.B. Nahrungsmittel und Treibstoff) ansteigen ließ und so die laue Markterholung gefährdete.]{#footnote4_258c2hg}
  • [5. Die Gesamtverschuldung der USA -- Staat, Unternehmen und Privathaushalte zusammen -- betrug 2010 etwa 350% des BIP. In anderen Ländern wie Großbritannien, Japan, Spanien, Südkorea und Frankreich war sie noch höher und reichte bis zu 500%. Der Schuldenabbau hat erst begonnen.]{#footnote5_6ns3s07}
  • [6. Eine Staatsschuldenkrise entsteht, wenn die Schuldenquote so hoch ist (historisch um die 100 Prozent), dass die staatliche Fähigkeit zur Kredittilgung tatsächlich gefährdet wird -- weil die Zinslast relativ zu den Staatseinkünften wächst und die Zinsraten auf verlängerte Kredite zudem meist schnell steigen (wie wir gerade an der gesamten Nordküste des Mittelmeeres und Irland sehen können). Dass Staaten selten Bankrott gehen und, falls sie es doch tun, nach einer Weile an die internationalen Kreditmärkte zurückkehren können, ist dabei nicht wirklich von Belang. Schließlich kann man auch nicht leugnen, dass jeder entlassen werden kann, nur weil die meisten Leute nicht entlassen werden; allein die Möglichkeit, den Arbeitsplatz zu verlieren, bestimmt das Verhalten desjenigen, der einen hat. Ebenso bestimmt allein die Möglichkeit, den Zugang zu den internationalen Kreditmärkten zu verlieren, die Handlungen der staatlichen Kreditnehmer, wie selten ein Staatsbankrott auch tatsächlich eintreten mag. Wie Reinhard und Rogoff in This Time It's Different zeigen, ist dies zudem -- weltweit betrachtet -- gar nicht so selten der Fall. Staatsbankrotts treten in Wellen auf und spielen eine bedeutende Rolle in der weltweiten Entfaltung der Krise. Ist es denkbar, dass sich die Staaten in der aktuellen Phase irgendwie dem Wertgesetz entziehen können, indem sie ihre Schulden massiv erhöhen, ohne dass ein entsprechendes Wachstum ihres BIP zu erwarten ist? Wer dies glaubt, wird seine Annahme demnächst auf dem Prüfstand sehen (und ausschließen können wir diese Möglichkeit nicht, wenn wir bedenken, dass die gewaltigen Schuldenberge, die Unternehmen, Haushalten und Staaten in stets neuer Weise aufgehäuft haben, bereits seit vierzig Jahren das Einsetzen einer neuen Depression immer wieder hinausgeschoben haben).]{#footnote6_bbgnu0c}

Quo vadis, Krise?

02.03.2012

Einladung zu einem Diskussionszyklus zur Krise

Update: Die Gruppe CONNESSIONI per la lotta di classe hat eine italienische Übersetzung des Textes veröffentlicht.

Von Krise scheint heute in Deutschland niemand mehr sprechen zu wollen. Die Wirt­schaftsleistung wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Unternehmen beklagen, dass das größte Problem sei ausreichend ausgebildetes Personal zu bekommen. Herrscht also wie­der business as usual? Kapitalistischer Normalbetrieb?\ Weltweit sieht es dagegen ganz anders aus: Reihenweise stehen selbst Staaten des glo­balen Nordens vor dem finanziellen Zusammenbruch, immer neue Sparprogramme stür­zen die Bevölkerungen ins Elend und (Jugend-)Arbeitslosenquoten von 50 % sind keine Seltenheit mehr. Wie lässt sich diese Entwicklung erklären?\ Als die globale Krise durch das Platzen der US-amerikanischen Immobilienblase in ihre nächste Phase eintrat, ging alles ganz schnell. Da immer mehr HausbesitzerInnen ihren Kredit nicht mehr zurückzahlen konnten, gerieten die Immobilienfinanzierer in die Krise und da diese die Immobilienkredite zu „Finanzpaketen" gebündelt hatten und diese wie­derum weiterverkauft hatten, wackelten alle diejenigen Unternehmen, die mit solchen Fi­nanzprodukten gehandelt hatten ? also die gesamte Finanzbranche. Der Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems ließ sich nur verhindert, indem die Staaten mit Unmengen von Geld die Banken, Versicherungen usw. vor dem Ruin retteten. Doch die Krise hatte sich längst ausgeweitet: Da die Banken keine Kredite mehr vergaben, gerieten auch die Industriebetriebe in Schwierigkeiten. So konnten zwei der sog. „big three" der amerikani­schen Autoindustrie, dies ist deshalb so bedeutend, da die Automobilindustrie immer noch „der führende Sektor des Welt­kapitalismus" ist (Beverly Silver), nämlich General Motors und Chrysler nur durch eine quasi-Verstaatlichung vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Die Staaten begannen nun weltweit Konjunkturprogramme anzuwerfen um so die Wirtschaft vor dem Ruin zu retten und dabei besonders die Autoindustrie durch „Abwrackp­ämien", „Cash for Clunkers" oder ähnlich betitelte Programme zu fördern. Vor allem in den USA und China wurden dabei gigantische Summen eingesetzt.\ Doch die Bankenrettung und staatliche Konjunkturprogramme überforderten viele nationa­le Ökonomien und so standen bereits 2008/2009 Staaten wie Island, Lettland, Ungarn oder Pakistan vor dem Bankrott.\ Gleichzeit passierte etwas, was in Krisenzeiten immer passiert: Das Kapital wendet sich scheinbar sicheren Anlagen, wie Gold oder allgemein Rohstoffen zu. Da darunter auch Le­bensmittel fallen stiegen mit Beginn der globalen Krise die Nahrungsmittelpreise exorbi­tant. Dies führte zu „Ernährungsunruhen" in zahlreichen Regionen der Welt, mit hunderten von Toten, wobei hier v.a. auf die Proteste in Ägypten, Tunesien und den Jemen verwiesen werden soll, die schon ein Vorzeichen der kommenden „Arabellion" 2011ff. waren.\ Der Einsatz gigantischer Geldmengen durch die Staaten konnten zwar den unmittelbaren Zusammenbruch des kapitalistischen Weltsystems verhindern, aber das Problem wurde damit natürlich nur zeitlich verschoben. Immer mehr Staaten gerieten in der Folge von Bankenrettungen, und allgemein Firmenrettungen, Konjunkturprogrammen und Wirt­schaftskrise in finanzielle Schwierigkeiten. Dies betrifft inzwischen nicht mehr nur Länder der Peripherie, sondern auch das Zentrum wird von Überschuldungs- und Staatsschulden­krisen erschüttert. Selbst die führenden Wirtschaftsmächte wie die USA oder Japan sind völlig Überschuldet und stehen immer wieder vor einem drohenden Staatsbankrott. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht aber die Eurozone, wo mit Griechenland, Portugal, Ir­land, Spanien, Italien, Belgien und demnächst vielleicht sogar schon Frankreich ein Staat nach dem anderen in den Abwärtssog gerissen wird.

Krisengewinner BRD?

Ein Land scheint dagegen der große Gewinner der Krise zu sein, Deutschland. Die Bun­desrepublik ist inzwischen unangefochten die hegemoniale Kraft innerhalb der EU, die den anderen Mitgliedern scheinbar widerstandslos ihre Rezepte zur Krisenlösung diktieren kann. Dabei werden selbst elementare Prinzipien der parlamentarischen Regierungsform über den Haufen geworfen. So wird etwa das als „Königsrecht des Parlaments" bezeich­nete Budgetrecht, also die Frage was mit den Staatseinnahmen geschehen soll, den sog. „Schuldensündern" einfach entzogen. Wer unter den europäischen „Rettungsschirm" schlüpft, muss die fiskalischen Vorgaben der EU strikt umsetzen und hat faktisch keinerlei politischen Spielraum mehr. Und wer im Verdacht steht die Sparvorhaben nicht konse­quent genug umzusetzen, wie etwa Griechenland, dem drohen deutsche Politiker schon mal mit der Einsetzung von Sparkommissaren, deutschen Beamten, die ins Land ge­schickt wer­den sollen um dort Steuern einzuziehen und ähnliche neokoloniale Vorschlä­ge. Der Chef der sog. Eurogruppe Jean-Claude Junker kann deshalb auch stolz verkün­den: \"Es ist wahr, die Souveränität der Griechen wird massiv eingeschränkt\". Dies geht so­gar soweit das selbst die eigene Grundrechtecharta der EU außer Kraft gesetzt wird, wenn etwa das griechische Parlament auf Druck der EU Tarifverhandlungen verbietet, weil diese zu höhe­ren Löhnen führen könnten. Auch setzen die EU, bzw. die sie bestimmenden Kräf­te Regie­rungen, die ihre Vorgaben nicht erfüllen inzwischen auch einfach ab, wie dies mit der sozi­aldemokratischen PASOK-Regierung in Griechenland oder der Berlusconi-Re­gierung in Italien geschehen ist. Stattdessen werden dann sog. technokratische Regierun­gen einge­setzt, die Politik nur nach „objektiv (wirtschafts-)wissenschaftlicher" Basis um­setzen.\ Doch wie war es möglich, dass Deutschland scheinbar unbeschadet aus der Krise kommt und seine politische Macht so stark vergrößern konnte?\ Zum Einen profitiert Deutschland als stärkste Wirtschaftsmacht der Union am meisten von einer gemeinsamen Währung. Der Euro ist gegenüber der D-Mark um ein vielfaches nied­riger bewertet, was zu einem immensen Wettbewerbsvorteil Deutschlands führt. Würde die DM wieder eingeführt rechnet etwa Michael Burda, Ökonom an der Berliner Humboldt-Universität, mit einer Aufwertung „innerhalb weniger Monate um 50 Prozent". Dies würde bedeuten deutsche Exporte würden um 50 Prozent teurer. Die Folgen kann sich jeder aus­malen, aber auch wie stark der Vorteil des Euros für die deutsche Industrie ist.\ Zum Anderen hat Deutschland seine sozialen Kahlschlagsprogramme, die andere Staaten unter dem Druck des Bankrotts gegen massive Gegenwehr der Bevölkerungen durchset­zen schon hinter sich. Mit der sog. Agenda 2010 der rotgrünen Regierung Schröder/Fi­scher wurde eine in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellose Verarmungspolitik ge­genüber den abhängig Beschäftigten und eine ebenso beispiellose Umverteilung zuguns­ten der Wirtschaft und den Reichen durchgesetzt. Deutschland hat inzwischen den größ­ten Niedriglohnsektor in Europa und Beschäftigungsverhältnisse, die früher als „atypisch" bezeichnet wurden, wie Leiharbeit, geringfügige und befristete Beschäftigung sind inzwi­schen die typischen Arbeitsverhältnisse. Mit diesen Wettbewerbsvorteilen, unterbewertete Währung, Niedriglohn bei gleichzeitig hoher Produktivität konkurriert Deutschland alle an­deren EU-Staaten nieder. Die Krise der Einen ist also zugleich auch der Aufschwung der Anderen.

Doch wie lange wird dies gut gehen?

Wenn der größte Teil der Welt in der Krise versinkt, können auch die Exportweltmeister kaum noch Waren absetzen. Und auch innerhalb der wenigen Gewinnerstaaten drohen Gefahren, wie etwa die riesige Immobilienblase in China, die die Welt in den Abgrund zie­hen könnte.\ Es besteht also immer noch die Gefahr des Zusammenbruchs des weltweiten Finanzsys­tems, erst im Dezember 2011 mussten die größten Notenbanken der Welt in einer noch nie dagewesenen Aktion das Weltfinanzsystem mit Unsummen vor dem Kollaps retten. Die Agenturmeldungen sprachen damals davon, dass die Zentralbanken die Welt mit Geld überschwemmt hätten. Das kapitalistische Weltsystem balanciert also immer noch am Ab­grund. Und was macht die Klasse, die den Kapitalismus nicht nur in diesen Abgrund stür­zen könnte, sondern auch noch ein gutes Leben für die gesamte Menschheit erkämpfen könnte?\ Einerseits gibt es ermutigende Anzeichen. In der arabischen Welt kommt zu Massenauf­ständen und weltweit protestieren Menschen gegen die Auswirkungen der Krise, entweder gegen konkrete Sparprogramme, gegen die Macht der Finanzinstitutionen oder für eine „wirkliche Demokratie".\ Doch andererseits stürzte der arabische Frühling zwar reihenweise üble Diktatoren. Doch momentan sieht dort die Perspektive nicht gerade rosig aus, die Revolution droht zwi­schen den Kräften der alten Regime, etwa dem ägyptischen Militär, einerseits und erstar­kenden konterrevolutionären, in erster Linie islamistischen Kräften zerrieben zu werden. Die Abwehrkämpfe gegen die Verelendungspolitik in den europäischen Krisenstaaten, wie Griechenland, Portugal, Spanien etc. verbleiben dagegen noch viel zu oft in den geordne­ten Bahnen, die ihnen von Gewerkschaften und „linken" Gruppen vorgegeben werden. Und große Teile der sog. „Occupy-Bewegung" verwechseln einmal mehr die Wallstreet mit dem Kapitalismus und geraden dadurch mitunter in gefährliches Fahrwasser. Und auch die For­derungen der sog. „Empörten" nach wirklicher Demokratie verbleiben meist in der Hoff­nung nach einer besseren Politik, statt deren Aufhebung zu fordern.

Es gibt es also viel zu diskutieren:

Wie es weitergeht, was wir tun können, was die Ursa­chen der Krisen sind und vieles mehr. Und dazu wollen wir Euch einladen. Einmal im Mo­nat wollen wir mit Euch gemeinsam einen Text lesen und versuchen diese Fragen zu lö­sen. Der erste Termin wird am Sonntag, dem 15. April um 15 Uhr in der KTS, Baslerstr. 103 in Freiburg stattfinden. Fortgesetzt werden soll der Diskussionszyklus dann an jedem dritten Sonntag im Monat. Die jeweils zu lesenden Texte finden sich unserer Diskussionsseite.

La Banda Vaga, Februar 2012

Den syrischen Frühling unterstützen!

02.03.2012

Das syrische Baath-Regime geht weiter gnadenlos gegen die Protestbewegung und selbst gegen alle Menschen, die auch nur in Regionen leben die als \"Protesthochburgen\" gelten vor. Städte wie Homs liegen unter dem Dauerfeuer der Armee. Inzwischen sind tausende Menschen getötet worden, noch Viele mehr wurden verhaften, gefoltert oder mussten aus Syrien fliehen. Wer die Proteste in Syrien aktiv unterstützen will, kann dies unter adoptrevolution tun. Einfach ein Komitee aussuchen und Spenden!