2014

Die neue Marx-Lektüre des frühen Operaismus. Klassenkampf als Subjekt der Geschichte

18.11.2014

Vortrag und Diskussion mit Christian Frings

Donnerstag 27.11.2014

KG 1, Raum 1108 19:30 Uhr

Obwohl der italienische Operaismus einer der bedeutendsten Strömungen der Neuen Linken war und durch seinen starken Einfluss in den 1970er und 80er Jahren heute noch eine der Wurzeln der linksradikalen Bewegung in der BRD darstellt, ist er weitgehend in Vergessenheit geraten. Heutzutage ist er nur noch in der Form des sogenannten Post-Operaismus à la Negri und Hardt bekannt. Diese, an der Uni, wie beim globalisierungskritischen Gipfelsturm angesagte Theorie hat aber kaum noch etwas mit dem ursprünglichen Operaismus zu tun.

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet der Marxismus an verschiedenen Punkten in die Krise: Die kapitalistische Technologie hatte in Krieg und Massenmord ihre zerstörerische Produktivität zur Schau gestellt, und mit den Arbeiteraufständen in Ostdeutschland, Ungarn und Polen 1953/1956 konnte sich die „Sowjetmacht" nicht mehr als Repräsentation der Arbeiterinteressen darstellen. Einer der interessantesten Versuche, sich Marx' Kritik der politischen Ökonomie auf neue Weise anzueignen und für radikale Arbeiterpolitik fruchtbar zu machen, ging von einer dissidenten Strömung in Italien aus. Die Gruppe um die ab 1961 erscheinenden «Quaderni Rossi» und deren Wortführer Raniero Panzieri verband ihre akribische Neulektüre des «Kapital» mit einer kritischen Rezeption der Industriesoziologie und eigenen Untersuchungen in der Fabrik. Sie legten die fundamentale Kritik von Marx am despotischen Charakter der kapitalistischen Arbeitsorganisation wieder frei, die nach Marx vergessen und durch eine produktivistische Verherrlichung der Rationalität ersetzt worden war. Und sie arbeiteten die revolutionäre Bedeutung des von Marx systematisch entwickelten Begriffs des «kombinierten Gesamtarbeiters» heraus, die sie zur Formulierung einer «strategischen Umkehr» (Mario Tronti) im Verhältnis von Arbeiterklasse und Kapital brachte.

Nicht zuletzt die massiven Kämpfe der ArbeiterInnen des politischen Südens, aktuell u. a. in China und Bangladesch, zeigen, dass diese „kopernikanische Wende", die der Operaismus in seiner Marx-Lektüre vollzog, trotz enormer Veränderungen des kapitalistischen Systems noch, wenn nicht gerade heute wieder von höchster Aktualität ist.

La Banda Vaga, November 2014

Red Scare 2014

29.10.2014

Eigentlich sollte man denken, dass die letzten Streiks bei Lufthansa und der Deutschen Bahn kein großes Aufsehen erregen könnten. Sie waren weder besonders lang noch bewegten sie sich außerhalb des engen gesetzlichen Rahmens, auch die Forderungen haben sehr gemäßigten, wenn nicht gar defensiven Charakter. Dennoch war in der Presse von „Erpressung", „Lokführer-Kartell" und Ähnlichem die Rede. Immer lauter wird dabei der Ruf nach der Einschränkung des sowieso schon sehr restriktiven Streikrechts in Form der gesetzlichen Tarifeinheit. Gegen den Klassenkampf von Oben!

Unruhen nach tödlichen Polizeischüssen

19.08.2014

Nachdem der unbewaffnete schwarze Teenager Michael Brown am 09.08. von einem Polizisten erschossen wurde, kam es in Ferguson, einem mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Vorort von St. Louis zu schweren Ausschreitungen. Trotz der Verhängung einer Ausgangssperre und dem Einsatz der Nationalgarde dauern die Riots seit einer Woche an. Auch an anderen Orten der USA kam es zu Protesten. Die Ereignisse in Missouri reihen sich ein, in eine lange Reihe rassistischer Polizeigewalt und militanter Gegenwehr.123

31.07. Siebte Sitzung des Diskussionszyklus: David Graeber: Inside Occupy

13.07.2014

Am Donnerstag, den 31.07.2014 findet die siebte und letzte Sitzung unseres diesjährigen Diskussionszyklus \"Das Ende vom Ende der Geschichte\" statt. Dieses mal diskutieren wir Kapitel 5 des Buches \"Inside Occupy\" des US-amerikanischen Anarchisten und Ethnolgen David Graeber. Wie immer soll der Text von allen Teilnehmenden für die Sitzung bereits gelesen sein, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können. Den zu lesenden Aufsatz findet Ihr in unserem Reader, den es immer bei den Treffen zu erwerben gibt, oder Ihr ladet Euch die anhängende PDF-Datei runter. Die Debatte findet wieder um 20 Uhr in den Räumen der iz3w in der Kronenstr. 16 a (Hinterhaus) in Freiburg statt.

Alle Macht den Räten? Ist der Rätekommunismus heute noch relevant?

23.06.2014

Mittwoch, 02.07.2014, 20 Uhr\ Fabrik, Habsburgerstr. 9 (Haupthaus 1. OG)

Während der revolutionären Welle Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte der Rätekommunismus zu den radikalsten Strömungen der Arbeiter_innenbewegung. Programmatisch strebte er die Übernahme der Fabriken durch die Selbstverwaltungsorgane der Räte an. Er stützte sich auf das Wissen der Facharbeiter_innen, die die Produktion effektiver als die betriebsfremden Chefs organisieren konnten. Seine Basis fand er in den Arbeiter_innenmassen der großen Fabriken. Ist der Rätekommunismus auch heute noch, in Zeiten prekarisierter, vereinzelter und individualisierter Arbeitsverhältnisse aktuell? Diese Frage wollen wir nach einer kurzen Einführung gemeinsam diskutieren.

Eine Veranstaltung der Workers Center Initiative Freiburg\ Kontakt: http://www.liu.indymedia.org/WCI-FR\ wci-freiburg@listen.jpberlin.de

26.06. Sechste Sitzung des Diskussionszyklus: Das unsichtbare Komitee: Der kommende Aufstand

16.06.2014

Am Donnerstag, den 26.06.2014 findet die sechste Sitzung unseres diesjährigen Diskussionszyklus \"Das Ende vom Ende der Geschichte\" statt. Dieses mal diskutieren wir den dritten und fünften Kreis aus dem \"Kommenden Aufstand\" vom Unsichtbaren Komitee. Wie immer soll der Text von allen Teilnehmenden für die Sitzung bereits gelesen sein, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können. Den zu lesenden Aufsatz findet Ihr in unserem Reader, den es immer bei den Treffen zu erwerben gibt, oder Ihr ladet Euch die anhängende PDF-Datei runter. Die Debatte findet wieder um 20 Uhr in den Räumen der iz3w in der Kronenstr. 16 a (Hinterhaus) in Freiburg statt.

Proteste nach Grubenunglück in der Türkei

25.05.2014

Nach dem verheerenden Grubeneinsturz mit 301 Toten in der anatolischen Stadt Soma flammen die sozialen Proteste in der Türkei wieder auf und rücken auch hierzulande ins mediale Interesse zurück. Ausgelöst durch eine, die realen Umstände verleugnende, Rede von Ministerpräsident Erdogan, begannen Hinterbliebene und kritische Stimmen von Arbeitsmord zu sprechen. Die International Labour Organization (ILO) schätzt, dass jeden Tag weltweit etwa 6.000 Menschen durch arbeitsbedingte Unfälle oder Krankheiten sterben.Ausgelöst werden Unglücke solchen Ausmaßes auch durch eine auf den reinen Profit bedachte Wirtschaftspolitik. Die türkische Regierung und ihre Exekutive geht nach wie vor mit aller Härte gegen Demonstrierende vor und schreckt auch vor offensichtlichen Exzessen nicht zurück, in der sogar der Ministerpräsident selbst einen Mann als „israelische Brut" diffamierte und ihn ohrfeigte. So wurde nach Ausbruch der Proteste Soma von den Behörden abgeriegelt, selbst Anwälte wurden nicht durchgelassen. Auch in den übrigen Landesteilen kam es erneut zu Ausschreitungen, in Istanbul bereitet sich die Bewegung der Gezi-Proteste gerade auf den anstehenden Jahrestag vor, was auf eine Ausweitung des Widerstandes hoffen lässt.

29.05. Fünfte Sitzung des Diskussionszyklus: Detlef Hartmann: Mc Kinsey - das Selbst - der Klassenkampf

14.05.2014

Am Donnerstag, den 29.05.2014 findet die fünfte Sitzung unseres diesjährigen Diskussionszyklus \"Das Ende vom Ende der Geschichte\" statt. Dieses mal diskutieren wir den Text \"Mc Kinsey - das Selbst - der Klassenkampf\" von Detlef Hartmann. Wie immer soll der Text von allen Teilnehmenden für die Sitzung bereits gelesen sein, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können. Den zu lesenden Aufsatz findet Ihr in unserem Reader, den es immer bei den Treffen zu erwerben gibt, oder Ihr ladet Euch die anhängende PDF-Datei runter. Die Debatte findet wieder um 20 Uhr in den Räumen der iz3w in der Kronenstr. 16 a (Hinterhaus) in Freiburg statt.

Die kapitalistische Logik durchbrechen!

01.05.2014

Am 1. Mai 2013 gab es in Freiburg neben dem offiziellen Rummel um den „Tag der Arbeit" zum ersten Mal seit langem, eine sich explizit „libertär" verstehende Demonstration der linksradikalen Subkultur. Diese Demonstration, die mindestens genauso viele Teilnehmer_innen wie die DGB-Demonstration vorweisen konnte, wurde von verschiedensten Seiten, unter anderem von der Antifaschistischen Linken Freiburg (ALFR), kritisiert. Bei aller berechtigten Kritik des Szenecharakters dieser Veranstaltung, muss man ihr aber zugutehalten, dass sie mit dem Motto „Nieder mit der Arbeit" den Kern jeder emanzipatorischen Kapitalismuskritik getroffen hat.

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Leider ist die Forderung „wenig Arbeit für alle" bei weiten nicht so „natürlich" wie es im Aufruf zur Libertären 1. Mai-Demonstration heißt. Gerade in der Linken ist das Arbeitsethos ein wichtiger Bestandteil der eigenen Identität. Dies gilt vor allem für Organisationen, die sich in die Tradition der klassischen Arbeiterbewegung stellen. Der DGB ist für „gute Arbeit" immer zu haben, die Linkspartei.PDS forderte 2005 gar „Arbeit soll das Land regieren!" und gerade die sich als revolutionär verstehenden Gruppierungen leninistischer Prägung, zeigen mit Slogans wie „Für Arbeit, Frieden - echten Sozialismus!" (MLPD) oder „Arbeit für alle." (DKP) ihre Arbeitsaffinität. Aber auch innerhalb des „libertären" Spektrums, ist bzw. war die Ablehnung der Arbeitsideologie, abseits schnell und folgenlos aufstellbarer Parolen, nicht so selbstverständlich wie oft (selbst) angenommen. Auch die historische CNT -- bis heute durch den Spanischen Bürgerkrieg der Mythos der anarchistischen Bewegung -- und angeblich so etwas wie der Beweis für die Umsetzbarkeit des Anarchismus, propagierte die Arbeit und zeigte sich unter dem Widerstand der Arbeiter_innen sogar gezwungen Arbeitslager einzurichten (ausführlich in „Seidman, Michael: Gegen die Arbeit.").

Dieses Lob der Arbeit, welche (nur) in unserer jetzigen Gesellschaftsform mit Lohnarbeit gleichgesetzt werden kann, scheint paradox, da jede_r an der eigenen Realität erfahrenkann, dass er/sie sich tagtäglich gegen die Arbeit, mit Blaumachen, Pausen hinausziehen usw. wehrt, oder sich jedenfalls um jeden Tag Freizeit in Form von Wochenenden, Feiertagen und Urlaub freut. Schon Marx, der den meisten oben erwähnten Arbeitsfreunden als großes Vorbild dient, betonte: „Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört;" (MEW Bd. 25, S. 828 ). Wer kennt solche Gespräche mit dem/der Kolleg _in nicht, in denen erst lange gemosert wird, wie früh man aufstehen musste und wie lange es noch zum Wochenende dauert, nur um im nächsten Satz, vor allem sich selbst, zu bestätigen, wie wichtig einem die Arbeit doch sei und dass man ohne sie ja doch nicht wüsste was man den ganzen Tag machen sollte? Das Verhältnis der Arbeiter_innen zur Lohnarbeit -- einerseits die Arbeit als (Klassen-) Identität, über die man sich definiert und andererseits in der täglichen Realität die Arbeit als das, was der eigenen Entfaltung entgegensteht zu begreifen -- erscheint schizophren, entstammt aber dem kapitalistischen Wesen der Arbeit.

Erstens ist die Lohnarbeit eben nicht nur Arbeit sondern auch Lohn, das heißt die notwendige Grundlage der menschlichen Existenz im Kapitalismus. Die meisten Menschen setzen somit Lohn und Arbeit gleich, abstrahieren also vom kapitalistisch spezifischen Charakter dieser Gleichsetzung und begreifen die Arbeit somit als überhistorischen Kern des Lebens, obwohl die Produktivkraftentwicklung mittlerweile die Voraussetzungen geschaffen hat, die Arbeit auf einen Randbereich des täglichen Lebens zu minimieren. Zweitens ist durch die Zentralität der Lohnarbeit, als einzige Möglichkeit der Mehrwertproduktion für das Bestehen des Kapitalismus, diese auch zu DEM identitätsstiftenden Moment der Arbeiter_innen geworden. Du bist nicht was du isst, sondern was du arbeitest. Der eigentliche Traum jeder/s Arbeiter(s)_in, das Abwesend-Sein von Arbeitszwang, also die Arbeitslosigkeit, ist somit zum Kennzeichen persönlichen Versagens geworden.

Die menschliche Arbeit ist also nicht nur unbedingte materielle Voraussetzung für die Existenz des Kapitalismus, sondern auch ideologisches Disziplinierungsinstrument der Massen. Das linke Lob der Arbeit ist daher nicht nachzuvollziehen. Gerade weil die kapitalistische Entwicklung dazu führt, dass die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit um alle materiellen Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen, trotz steigender Weltbevölkerung, von Jahr zu Jahr abnimmt und Elend und Hunger für die gesamte Weltbevölkerung schon längst der Geschichte angehören könnten. Parallel zu dieser Entwicklung nimmt jedoch die Verdichtung von Arbeitszeit rasant zu und immer mehr Menschen leiden unter Burnout und ähnlichem. Es ist also nicht nur unverständlich sondern geradezu grotesk, dass Teile der Linken noch immer dem Arbeitsethos der Facharbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts anhängen und mehr Arbeitsplätze oder „gute" Arbeit fordern. Jedoch reicht aber die reine aufklärerische Propaganda der „Nicht-Arbeit" -- wie zum Beispiel durch Slogans bei Demos -- nicht aus und ist gerade bei sich libertär verstehenden Gruppen und Strömungen mit einer falsch verstandenen Arbeitskritik verbunden. Oft folgt aus einer solchen Arbeitskritik ein völliges Desinteresse am Arbeitsplatz als Kampfplatz. Diese seltsame Trennung zwischen eigener ökonomischer Reproduktion und politischen Betätigungsfeld führt nicht selten zu einer Fixierung auf die eigne Szene, die jedoch für die große Mehrheit der Menschen weltweit keine emanzipatorische Alternative bildet.

Die Produktion und damit die Lohnarbeit ist aber weiterhin nicht nur für den Kapitalismus zentral, sondern bestimmt auch weiterhin das Leben der allermeisten Menschen auf dieser Welt und muss daher ein zentraler Ansatzpunkt jeder emanzipatorischen Bemühung sein. Die Arbeit ist also weder als emanzipatorische Kategorie zu ideologisieren, noch aus der revolutionären Praxis zu streichen. Stattdessen ist es angebracht die meist nur diffus vorhandenen Bedürfnisse der Arbeiter_innen nach weniger Arbeit aufzugreifen und die meist nur vereinzelt und rudimentär vorhandenen Widerstandsformen, wie Krankfeiern, langsamer arbeiten usw. zu kollektivieren und zu versuchen diese zuzuspitzen. Erst wenn wir gegen jeglichen Rentabilitätsgedanken unsere Forderungen setzen, bewegen wir uns außerhalb der Kapitallogik und damit antikapitalistisch und werden gleichsam den Bedürfnissen der Weltarbeiter_innenklasse gerecht. Die zentrale Forderung in allen Verteilungskämpfen muss also lauten: Weniger Arbeit -- mehr Lohn!\ Eine solche Forderung scheint unrealistisch und widerspricht auch tatsächlich den gesellschaftlichen Bedingungen, sie ist zu einer Zeit wegfallender Verhandlungsspielräume aufgrund fallender Profitraten aber nicht utopischer, als ein Zurückwollen zu den verklärten Verhältnissen vor dem „neoliberalen Kahlschlag" oder gar die Forderung „faire Arbeit" im Kapitalismus.

La Banda Vaga, Mai 2014

24.4. Vierte Sitzung des Diskussionszyklus: Robert Kurz: Einkleitung zum Schwarzbuch Kapitalismus

13.04.2014

Am Donnerstag, den 24.04.2014 findet die vierte Sitzung unseres diesjährigen Diskussionszyklus \"Das Ende vom Ende der Geschichte\" statt. Dieses mal diskutieren wir die Einleitung aus dem Schwarzbuch Kapitalismus von Robert Kurz. Wie immer soll der Text von allen Teilnehmenden für die Sitzung bereits gelesen sein, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können. Den zu lesenden Aufsatz findet Ihr in unserem Reader, den es immer bei den Treffen zu erwerben gibt, oder Ihr ladet Euch die anhängende PDF-Datei runter. Die Debatte findet wieder um 20 Uhr in den Räumen der iz3w in der Kronenstr. 16 a (Hinterhaus) in Freiburg statt.

Buchvorstellung: Paul Mattick: Die Revolution als großes Abenteuer

07.03.2014

Wo: Fabrik, Habsburgerstr.9\ Wann: 28. März 2014 - 20:00 Uhr

Einführung, Lesung & Diskussion mit den Herausgebern Marc & Christoph

Paul Mattick (1904-1981) ist vielleicht der exemplarische Arbeiterrevolutionär und Intellektuelle: Seine furiose Abrechnung mit John Maynard Keynes, seine Kritik an Herbert Marcuse, die dieser übrigens als einzig taugliche Kritik von links akzeptierte, seine sprichwörtliche Marx-Orthodoxie, mit der er den tendenziellen Fall der Profitrate gegen allerlei »Modernisierer« verteidigte, machten den Deutsch-Amerikaner in den 60er und 70er Jahre zu einer Art kommunistischem Gewissen und Stichwortgeber der antiautoritären Revolte.

Fundiert war sein sympathisch halsstarriges radikales Denken in einer aufregenden Lebensgeschichte, von der man sich damals wie von einer Legende erzählte: Der Schulabbrecher und Autodiktat aus prekären proletarischen Verhältnissen war in der Weimarer Republik in der anti-parlamentarischen marxistischen KAPD organisiert, schlug sich als Schlosser, Tagelöhner und Wanderagitator durch, war durchdrungen von der revolutionären Stimmung jener Tage. 1926 wanderte er aus Abenteuerlust in die USA aus, re-organisierte in Chicago die Wobblies, engagierte sich in der Arbeitslosenbewegung der Grossen Depression, tauchte später in die New Yorker Boheme ein und verfocht in selbstverlegten Kleinstpublikationen einen antiautoritären Kommunismus.

Mattick hat um diese Biographie kein Aufheben gemacht, Heldengeschichten waren ihm zuwider. Aber er gab trotzdem Auskunft: 1976 führte der Hannoveraner Politologe Michael Buckmiller ein langes autobiographisches Interview mit ihm. Das Interview wurde bis dato nie publiziert, nur einzelne Informationen daraus kursierten, Jahrzehnte war es unter Verschluss, erst vor kurzem haben es die Berliner Herausgeber ausgegraben -- und das Recht auf eine Veröffentlichung durchsetzen können. Das Interview übertrifft tatsächlich die Erwartungen: Es ist ein lebenssatter Bericht, in dem uns Mattick als ebenso lakonischer wie unabhängiger Kommunist, dem alle Parteischablonen und alles friedfertig sich beschränkende Denken zuwider waren, begegnet.

Die beiden Herausgeber werden kurz in Leben und Werk von Paul Mattick einführen und Passagen aus diesem Lebensbericht lesen -- kombiniert mit literarischen Texten Matticks, in denen er etwa die Klassenkriege, die in den 20er Jahren in den USA tobten, verarbeitete.

Paul Mattick: Die Revolution war für mich ein großes Abenteuer. Paul Mattick im Gespräch mit Michael Buckmiller, hrsg. Marc Geoffroy, Christoph Plutte, Unrast Verlag, Münster 2013.

Globale Flüchtlingsproteste

03.03.2014

Seit einiger Zeit verschärfen sich global die Kämpfe von Flüchtlingen. Nach der Protestwelle in Deutschland und Österreich, stehen momentan vor allem die spanischen Enklaven in Nordafrika im Blickpunkt. Doch auch gegen das australische Flüchtlingsregime, das die Geflüchteten u. a. auf Papua-Neuguinea interniert, gibt es massive Proteste. Am 15. März findet in Freiburg eine Demonstration für ein humanitäres Bleiberecht statt! Ab 14 Uhr an der Johanneskirche.

27.3. Dritte Sitzung des Diskussionszyklus: Wildcat: Was nach der Bauerninternationalen kommt

03.03.2014

Am Donnerstag, den 27.03.2014 findet die dritte Sitzung unseres diesjährigen Diskussionszyklus \"Das Ende vom Ende der Geschichte\" statt. Dieses mal diskutieren wir den Text \"Was nach der Bauerninternationale kommt\" aus der Zeitschrift wildcat. Wie immer soll der Text von allen Teilnehmenden für die Sitzung bereits gelesen sein, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können. Den zu lesenden Aufsatz findet Ihr in unserem Reader, den es immer bei den Treffen zu erwerben gibt, oder Ihr ladet Euch die anhängende PDF-Datei runter. Die Debatte findet wieder um 20 Uhr in den Räumen der iz3w in der Kronenstr. 16 a (Hinterhaus) in Freiburg statt.

Bosnien - Im Aufstand vereint

27.02.2014

Anfang Februar kam es in Bosnien-Herzegowina zu radikalen Protesten. Nachdem über 1000 ArbeiterInnen in der Stadt Tuzla als Konsequenz von Privatisierungen ihrer Betriebe entlassen worden waren, kam es dort zu Ausschreitungen. In deren Folge wurde das Gebäude der Regionalregierung, von Anhängern eines Fußballclubs in Brand gesetzt. Die Proteste weiteten sich schnell auf das ganze Land aus, so brannte tags darauf der Sitz des Präsidiums in der Hauptstadt Sarajevo. Der Zorn der Demonstrierenden richtet sich dabei vor allem gegen die anhaltende massive Korruption der politischen Eliten im Land und die anhaltende Armut. Bemerkenswert ist dabei, dass in den Protesten, die sich seit der Teilung Jugoslawiens verfestigenden ethnischen Schranken, langsam zu erodieren beginnen. So skandierten die Revoltierenden unter anderem „Wir sind in drei Sprachen hungrig".

Zweite Sitzung des Diskussionszyklus: Giovanni Arrighi: Entwicklungslinien des Empire

14.02.2014

Am Donnerstag, den 20.02.2014 findet die zweite Sitzung unseres diesjährigen Diskussionszyklus \"Das Ende vom Ende der Geschichte\" statt. Anschließend an unsere letzte Sitzung diskutieren wir diesmal den Text \"Entwicklungslinien des Empire. Kritik der Weltordnung\" von Giovanni Arrighi. Wie immer soll der Text von allen Teilnehmenden für die Sitzung bereits gelesen sein, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können. Den zu lesenden Aufsatz findet Ihr in unserem Reader, den es immer bei den Treffen zu erwerben gibt, oder Ihr ladet Euch die anhängende PDF-Datei runter. Die Debatte findet wieder um 20 Uhr in den Räumen der iz3w in der Kronenstr. 16 a (Hinterhaus) in Freiburg statt.

Für die digitale Räterepublik Teil II

14.02.2014

Seit Anfang dieses Jahres sind wir nicht nur bei Twitter, sondern auch bei Facebook zu finden.

Kambodschanische Militärpolizei erschießt Streikende

24.01.2014

Ähnlich wie ihre KollegInnen in Bangladesch traten auch die kambodschanischen TextilarbeiterInnen in einen Generalstreik um eine Erhöhung des kärglichen Mindestlohnes zu erreichen. Am 3. Januar 2014 liess die Regierung eine Demo von der Militärpolizei angreifen. Sie schossen mit Kalaschnikows und töteten 5 Arbeiter_innen und verwundeten Dutzende schwer. Nach dem Massaker von Marikana in Südafrika ist dies bereits das zweite bekannt gewordene Blutbad innerhalb eines Jahres, dass an Streikenden verübt wurde. Die kambodschanische Regierung hat seitdem alle Demonstrationen verboten und das Militär eingesetzt, um die Straßen frei zu bekommen. Mindestens 39 Arbeiter_innen sind festgenommen worden und werden an unbekannten Orten festgehalten. Angesichts dieser brutalen Repression haben die Gewerkschaften den Streik abgebrochen und die Arbeiter_innen kehrten zurück an ihre Arbeit, bleiben aber weiter bei ihren Forderungen. Labourstart hat eine Kampagne gegen das autoritäre Regime gestartet und inzwischen gibt es auch wieder Streiks in Kambodscha selbst.

Erste Sitzung des Diskussionszyklus: Antonio Negri, Eine ontologische Definition der Multitude

04.01.2014

Am Donnerstag, den 30. Januar 2014 beginnen wir mit der Diskussion des Textes \"Eine ontologische Definition der Multitude\" von Antonio Negri unseren Diskussionszyklus \"Das Ende vom Ende der Geschichte\". Die Debatte findet um 20 Uhr in den Räumen der iz3w in der Kronenstr. 16 a (Hinterhaus) in Freiburg statt. Dort wird es dann auch einen Reader mit allen Texten und zusätzlichen Informationen geben. Alle Teilnehmer_innen sollen den Text vorher gelesen haben, so dass wir direkt in die Diskussion einsteigen können. Den für die erste Sitzung zu lesenden Text findet Ihr hier unten als pdf angehängt. Wir freuen uns auf viele diskussionsfreudige Teilnehmer_innen.

Diskussionszyklus: Das Ende vom Ende der Geschichte

04.01.2014

Nach dem marktliberalen Rollback der 1980er Jahre schien es, als ob es spätestens seit den 90ern wirklich zum „Ende der Geschichte" -- jedenfalls in den Zentren des kapitalistischen Weltsystems -- gekommen sei. Die neoliberale Parole „there is no alternative" (tina), die durch Margaret Thatcher Berühmtheit erlangte, brannte sich tief in das Denken der meisten Menschen ein. Wenn es dennoch zum Aufbegehren kam, hatte dies meist defensiven Charakter, ob nun bei der linken Szene, die ihre vorher eroberten „Freiräume" verteidigte, oder der Kampf der Lohnabhängigen gegen den Verlust des Arbeitsplatzes, zu dessen Gunsten sie deutliche Verschlechterungen ihrer Verhältnisse hinnahmen. Dieses -- hier vielleicht etwas zu düster gemalte -- Bild, hat sich aber in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Der vorher so fest im Sattel sitzende Kapitalismus kämpft mit seiner schwersten Krise seit den 1930ern und hat bis heute kein Rezept zu deren Überwindung gefunden. Die schlimmsten Auswirkungen auf die Wirtschaft konnten zwar durch eine bis dahin ungekannte Staatsverschuldung und die Senkung der Reproduktionskosten in weiten Teilen der Welt aufgeschoben werden, hatten aber zur Folge, dass ganze Staaten bankrottgingen bzw. zu gehen drohen und es zu einer massiven Verschlechterung der Verhältnisse weiter Teile der Lohnabhängigen kam. In diesem Kontext kam und kommt es zu einer Welle von Revolten und Unruhen. Diese weltweite Situation in der wir uns gerade befinden, zeichnet sich durch eine seit Jahrzehnten nicht mehr gekannte Gleichzeitigkeit von Bewegungen aus, die für ein besseres Leben kämpfen und nicht mehr nur den Status Quo verteidigen. Trotz des Rollbacks in manchen Regionen (z.B. Ägypten), des Steckenbleibens einzelner Aufstände im Bürgerkrieg (z.B. Syrien) und des Aufkommens bzw. Erstarkens reaktionärere Bewegungen (z.B. Ungarn) scheinen wir uns in einer „Ära der Aufstände" (Blaumachen) zu befinden. Obwohl die Zukunft wieder veränderbar und nicht nur als Wiederholung der Gegenwart erscheint, hinkt die linke Theorie den realen Erscheinungen hinterher. Dies drückt sich auch darin aus, dass bei aller Gleichzeitigkeit der Aufstände ein gemeinsamer Inhalt fehlt, ja sogar nur in den wenigsten Fällen wirklich konkret aufeinander Bezug genommen wird. So beschränken sich in Protestbewegungen wie „Occupy" und den „Empörten" die konkreten Inhalte auf basisdemokratische Verfahrensweise, Kritik am Finanzsystem und Forderungen nach „wahrer Demokratie". Eine Analyse der gegenwärtigen kapitalistischen Verhältnisse, abseits von verkürzter und oft personalisierter Pseudokritik, fehlt dahingegen fast gänzlich bzw. konnte sich nicht durchsetzen. Symptomatisch drückte sich dies u. a. darin aus, dass sogar Angela Merkel Sympathie für die Proteste empfand. Dabei wird von einzelnen Theoretiker_innen immer wieder der Versuch unternommen die linken Analysen zu aktualisieren. Grund genug für uns einen Blick in Form eines Diskussionszyklus auf die linke Theorieproduktion der letzten paar Jahre zu werfen. Um die 1970er Jahre herum kam es zu einem Wandel im kapitalistischen Produktionsregime, dessen Ergebnis zum Teil sehr unscharf und oberflächlich mit Begriffen wie Globalisierung, Finanzkapitalismus oder Postfordismus bezeichnet wird. Diese Transformation -- die bei all ihrer Tiefe nie über die kapitalistische Logik hinausging -- kann auf mehreren Ebenen beobachtet werden. Auf der globalen Ebene endete mit dem Kalten Krieg nicht nur die Blockkonstellation, sondern auch die bisherige hegemoniale kapitalistische Weltmacht, die USA, verlor immer mehr an Bedeutung, ohne dass eine neue alle anderen überschattende Supermacht klar auszumachen ist. Inwieweit es sich dabei um eine Deterritorialisierung des Kapitalismus, also um eine neue Art der Machtausübung, die ohne feste geographische Verortung auskommt, handelt, diskutiert der Weltsystemtheoretiker Giovanni Arrighi in seinem Text „Entwicklungslinien des Empire: Transformationen des Weltsystems". In diesen Zusammenhang gehört auch die Verlagerung von größeren Teilen -- jedoch bei weiten nicht die Gesamtheit -- der Produktion aus vormaligen Zentren in neue und aufsteigende Industrieregionen. Mittlerweile dominiert fast weltweit die kapitalistische Produktion die Lebensverhältnisse des überwiegenden Teils der Menschheit. Eine einheitlich agierende Weltarbeiter_innenklasse hat sich deshalb aber noch nicht herausgebildet. Die beiden Autoren des „Kultbuchs" der Antiglobalisierungsbewegung „Empire -- die neue Weltordnung" Michael Hardt und Antonio Negri haben in diesem Zusammenhang unter dem Stichwort der „Multitude" den Versuch unternommen eine neue Klassentheorie aufzustellen, die wir auf Grundlage des Textes: „Eine ontologische Definition der Multitude" diskutieren wollen. Die weltweite Durchsetzung kapitalistischer Verhältnisse hat auch zur Folge, dass die Bauernschaft zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit nicht mehr die Mehrheit der Weltbevölkerung stellt. Gerade aber diese noch nicht oder nur zum Teil kapitalisierten Regionen spielten in vielen linken Theorien, nicht zuletzt im Marxismus/Leninismus, eine zentrale Rolle, war doch deren Sozialismus faktisch nichts anderes als eine aufholende Industrialisierung. Solchen Gedanken, die sich real meist in so genannten nationalen Befreiungsbewegungen ausdrückten, scheint also der Boden entzogen. Stellt sich uns also nun die Frage: „Was nach der Bauerninternationalen kommt?", wie es im Text von Wildcat heißt. Auf der Ebene der Produktion ist die Epoche des tayloristischen Arbeitssystems, bei der riesige Fabriken mit meist un- oder angelernten Massenarbeiter_innen die Produktion dominierten, zumindest in den kapitalistischen Zentren zu Ende. Stattdessen ist die Produktion nun kleingliedriger und die typische Arbeitskraft ist nicht mehr der „Malocher" sondern das gut ausgebildete Prekariat. Als solches ist der/die Lohnabhängige nicht mehr nur den vorgefundenen Hierarchien ausgesetzt, sondern übt sich vornehmlich in auferlegter Selbstkontrolle. Diese neuen Herrschaftsmittel untersucht Detlef Hartmann in seinem Aufsatz \"McKinsey - das Selbst - der Klassenkampf\". Die Veränderungen innerhalb des kapitalistischen Systems beruhen unter anderem auf der Durchsetzung der Mikrochiptechnologie. Diese ist auch als Antwort auf die Krisenerscheinungen des fordistischen Produktionsregimes zu verstehen. Diese sogenannte „dritte industrielle Revolution" erlaubte es dem Kapital die Profite, durch einen sprunghaften Anstieg an Automatisierung und Mechanisierung, zu erhöhen. Jedoch können diese Maßnahmen die strukturelle Verwertungskrise, wie sie von Robert Kurz beschrieben wurde, nicht lösen und spitzten diese sogar zu, wie der weltweite Kriseneinbruch 2007 zu beweisen scheint. In der Folge dieser Krise kam es weltweit zu erstaunlich vielen, nicht vorhersehbaren Protestbewegungen. Gerade gegen Regime, die in der Konstellation des kalten Krieges entstanden waren, wie etwa die unter Gaddafi und Mubarak, konnten sich die Revolten zu regelrechten Revolutionen ausweiten. In Europa und den USA waren die Proteste bei weitem weniger einflussreich, schafften es aber den Kampf für Alternativen wieder auf die Tagesordnung zu setzten. Dabei machte vor allem die sog. Occupy-Bewegung von sich reden. Der amerikanische Ethnologe und Anarchist David Graeber gilt in der Öffentlichkeit als einer deren Haupttheoretiker, unter anderem wegen seines Buches „Inside Occupy". Bereits einige Jahre zuvor erschütterten Aufstände in den ökonomisch abgehängten Vorstädten Frankreichs die bürgerliche Gesellschaft. Das Pamphlet \"Der kommende Aufstand\" eines sich Unsichtbares Komitee nennenden Autor_innenkollektivs wurde als der politisch-literarische Ausdruck dieser Unruhen angesehen und international zu einem viel diskutierten Bestseller.\ In den folgenden Monaten wollen wir mit Euch gemeinsam einige Texte aus der radikalen Linken der vergangenen Jahre, die versuchen die aktuellen Veränderungen der kapitalistischen Wirklichkeit zu analysieren, diskutieren.